Heute habe ich mal wieder ein richtiges Hotelzimmer. Nicht am Strand, aber trotzdem mit Aussicht, großzügig und sauber, der kleine Kühlschrank ist mit Wasserflaschen gefüllt, für morgen früh habe ich Frühstück in Aussicht. Ein gutes Gefühl nach einer Etappe von 71 Kilometern durch wieder unebeneres Gelände entlang der Küste.
Ich spüle meine verschwitzten Sportklamotten durch, dusche und mache dann noch ein paar Besorgungen, schaue mich nach etwas Essbarem für heute Abend um. Zwei Werbeplakate eines Pizza-Bäckers habe ich vorhin auch schon gesehen – das wäre ja mal wieder eine Abwechslung.
Chumphon ist eine weitere Provinzhauptstadt im Süden Thailands, hat Banken, einen Bahnhof, viel Verkehr in den Straßen und viele auch größere Geschäfte, wie ich vorhin bei der Suche nach dem Nanaburi Hotel bereits gesehen habe. Es gibt eine Shopping Mall in dessen Nähe und ich brauche dringend noch einige Postkarten und auch eine neue Tube oder Dose Hautcréme.
Seit ich in Port Dickson von einer Apothekerin eine Dose Aloe Vera-Créme empfohlen und verkauft bekommen habe, weil mir an jenem Sonntag die Haut an den Waden Blasen geworfen hatte, schmiere ich mich damit nun jeden Tag nach dem Duschen ein, um der Haut ein bisschen Entspannung nach dem jeweils sonnenintensiven Tag zu geben. Entsprechend ist die Dose inzwischen fast leer.
Mit der Créme werde ich auch schnell fündig, für Postkarten frage ich ohne viel Erfolg herum – eventuell habe ich morgen bei der Touristen-Information mehr Glück.
Seit Surat Thani fahre ich nun stets entlang der Küste weiter in Richtung Norden, Bangkok ist noch etwa 10 Tage entfernt. Nicht immer verläuft die von mir genutzte Straße dabei direkt am Strand, aber meist mit nur geringem Abstand dazu, manchmal schlägt sie auch Haken, umgeht einen Hügel oder verbindet Siedlungen, die eben nicht wie an einer Perlenschnur aufgereiht sind. Auch hier, abseits der stärker befahrenen Nordsüd-Verbindung 4112 (später 4134) und der dazu parallel verlaufenden Eisenbahntrasse liegen kleine Dörfer, führen kleinere und breitere Flüsse, an deren Mündung manchmal ein kleiner Fischerhafen zu finden ist, lehmiges Wasser zum Meer, das hier ‚Golf von Thailand‚ heißt. Bei Pak Nam Suan liegen einige größere Trawler an der Kaimauer unterhalb der Brücke, die den dortigen Fluss überspannt.
Manchmal verläuft die Straße auch geradlinig, für z.B. etwa drei Kilometer, den schmalen Strand in Sichtweite, in der Ferne kleine, dunkel bewaldete Inseln im leicht gekreuselten Wasser. Palmen geben reichlich Schatten auf dem Grünstreifen zwischen Meer und Straße, manchmal weiden einzelne Rinder zwischen den Palmen, begleitet von kleinen meist weißen Reihern.
Dann wieder windet sich die Straße durch die grüne Landschaft führt an unzähligen Wasserbecken vorbei, Zuchtbecken für King Prawns, etwa 1 bis 1,5 Meter tief, wo motorisch angetriebene Paddel ständig die Oberfläche schlagen, um Sauerstoff ins Wasser zu bringen, damit die Krabben besser gedeihen. Um Wasservögel fernzuhalten, sind diese Zuchtbassins sternförmig mit Drähten oder Schnur in meist roter Farbe überspannt. Krabben-Produktion in richtig großem Stil.
Die Versorgungslage hat sich für mich in diesem Landstrich nun etwas verschlechtert, denn wo kein Durchgangsverkehr ist, wo ganz allgemein weniger Menschen leben, da ist auch das Angebot an frisch zubereitetem Essen deutlich geringer. Zwischen Chaiya und Lamae finde ich sogar ab dem frühen Nachmittag gar nichts mehr, weil einfach auch keine Siedlung mehr entlang der Straße existiert. Palmen, Krabben-Zuchtanlagen, vereinzelte bebaute Grundstücke, ja, aber keine ambulante Köchin, die sich mit ihren Utensilien irgendwo aufgebaut hätte, kein Minirestaurant, höchstens einmal ein Laden, in dem ich Kekse hätte kaufen können, sonst nichts.
In diesem eigentlich etwas abgelegenen Landstrich befinden sich außerdem verhältnismäßig viele Buddhistische Klöster und Tempelanlagen. Und in recht unterschiedlichem Zustand, teilweise wirken sie sehr neu, an einigen wird gebaut.
Als ich am Sonntag Surat Thani wieder verlasse, halte ich bspw. gleich nach wenigen Kilometern an einer kleinen Querstraße bei einem Wat, dessen Chedi ich am Abend zuvor über die Palmenwipfel hinweg habe leuchten sehen. Dort wird gerade ein Morgenmarkt abgebaut, als ich eintreffe, es ist hektischer Betrieb rund um die Anlage und ich versuche, ein paar Fotos von der weißen Kuppel zu machen. Bisher hatte ich nur wenige solcher Glocken ähnlicher Bauten gesehen, und sie waren bisher immer golden gefärbt. Diese hier ist nun weiß. Von den Mönchen ist niemand zu sehen, aber Dorfbewohner und einige wild lebende Hunde, von denen einer sich durch meine Anwesenheit offenbar bedroht oder gestört fühlt, jedenfalls kläfft er die ganze Zeit über, als ich mich dort aufhalte. Die älteren Herren im Schatten der benachbarten kleinen Häuser lassen sich zunächst nicht in ihrem Gespräch stören, versuchen dann aber das Tier zu verscheuchen.
Ja, die Hunde; ab jetzt habe ich ein Auge und zwei Ohren darauf. An dem Morgen fahre ich noch ein kurzes Stück auf der Fernstraße 420 und biege von dort bald wieder ab, um in einem Bogen durch eine Gegend, wo sich hübsche Villen mit Palmenpflanzungen ablösen, zu fahren. Streunende Hunde gab es bisher ja viele, entweder ließen sie sich von mir auf dem Rad gar nicht stören oder nahmen erschreckt reisaus, da sie mit dem fast lautlos sich fortbewegenden Etwas nichts anzufangen wussten. Erstmals treffe ich hier aber auf Hunde, die offenbar auch eine Wachfunktion haben und keine Streuner sind. Von ein oder zwei Grundstücken her werde ich jedenfalls angekläfft und von einem Viech auch attackiert. Und dieses Verhalten mir gegenüber nimmt in den nächsten Tagen weiter zu. Es ist manchmal schlicht schwierig, einfach nur irgendwo anzuhalten und kurz im Schatten wieder ‚runter zu kommen‘, denn manchmal ist es so, dass sobald ich stehenbleibe, es irgendwo in der Nähe anfängt zu kläffen. Am Montag habe ich große Lust, das Rad einfach gegen die nächste Palme zu setzen.
Da die kläffenden Nichtsnutze zwar ab und an Grundstücksgrenzen verlassend erst hinter mir, dann neben mir her rennen und dabei ein Mordsspektakel machen, ohne allerdings auch ernsthaft zu schnappen oder zu beißen, nehme ich’s inzwischen auch schon wieder gelassener. Meist fixieren sie meine Packtaschen und gar nicht mal meine Beine.
Heute morgen nun kam gleich eine ganze Rotte von einem Grundstück aus kläffend hinter mir her gerannt…
Es gibt aber auch schöne Erlebnisse. Nett bekocht zu werden, an einer Straßenecke gleich neben einer Schule, wo mehrere Generationen sich um den Gast bemühen, der da mit Radhelm und Sonnenbrille aus dem Nichts aufgetaucht ist und nun nach Nudeln verlangt. Die Oma sorgt dafür, dass mein kleines Schälchen mit Brühe, das manchmal zum eigentlichen Essen dazu gereicht wird, nicht leer wird, während das Kleine im Schatten des simplen Blechdachs mit irgendwelchen Figuren spielt.
Bei einer größeren Tempelanlage am Rand von Chaiya, wo sich auch die Reste eines der ältesten Tempel in Thailand befinden, versucht ein freundlich verschmitzter, älterer Mönch, der ganz an meinem Fahrrad und dessen Anbauten interessiert ist, mir etwas über die Gebäude der Anlage zu erklären. Aber aus seinem schwer zu verstehenden Englisch werde ich nicht recht schlau. Er geht dann auch bald mit seiner Laptop-Tasche in der Hand weiter und ich verlasse das weitläufige Tempelareal wieder und rolle in Gedanken nach Chaiya zurück. Auf dem Weg in Richtung Strand, wo ich am Sonntag in einem (für mich) ersten Strandresort übernachten will, sehe ich plötzlich eine schwarze BMW R25 auf der Veranda eines Cafés stehen. Richtig schick herausgeputzt ist das alte Einzylinder-Motorrad. Ob es als Blickfang Leute im Vorbeiradeln fesseln soll, oder ob es auch noch fahrbereit ist, erfahre ich in dem Café leider nicht. Bevor ich an dem Sonntag aber die letzten 10 -12 Kilometer unter die Räder nehme, will ich noch etwas essen, und der Kaffee schmeckt dort auch einfach gut.
Strand heißt hier nicht unbedingt schönes Paradies, auch wenn unzählige Kokospalmen solch ein Bild suggerieren. Der Strand ist stellenweise hoffnungslos vermüllt. Die See schwemmt alles an Land zurück, was über viele Jahre über Wasserwege, Meeresanwohner, Müllschiffe oder sonstwie dort hineingeraten ist. Lediglich wenige Resorts, die ihren Gästen etwas bieten wollen, beseitigen offenbar den Müll an der eigenen Uferlinie.
Die Unterkünfte sind nach wie vor einfach bis gehoben, zu allerdings langsam steigenden Preisen. Das Preisniveau ist dabei insgesamt aber niedriger als in Malaysia. Hier habe ich bisher nicht mehr als ca. 23 Euro ausgegeben, und das war mehr oder weniger in der Großstadt (Krabi) für ein sehr gut eingerichtetes Zimmer in einem recht neuen, kleinen Hotel. Gestern am Strand waren es auch etwa 22 Euro für eine nicht mehr ganz frische Hütte mit Terrasse und eher schäbigem Bad, sonst sind es eher 13 bis 15 Euro für ein einfaches, aber sauberes Zimmer. Dort bei Pak Nam Tako war ich außerdem der einzige Gast. In den beiden vorhergehenden Quartieren bei Lamae am Strand und in der Gegend östlich von Chaiya waren es jeweils vielleicht ein bis drei weitere einheimische Gäste. Richtiger Betrieb findet hier wohl zu einer anderen Jahreszeit statt.
Hier in Chumphon ist das von mir gewählte, in einer Seitenstraße liegende Hotel allerdings normal belegt. Es gibt noch einige weitere Hotels und auch europäische Touristen in der Stadt. Bei einer kleinen Gruppe einigermaßen braungebrannter Bartträger höre ich deutschsprachige Sätze und während ich durch die Stadt spaziere trifft auch noch ein weiterer Weltenbummler mit seinem Rad bei einem der an der Hauptstraße liegenden Hotels ein.