Veröffentlicht in Südafrika

Über die Hügel nach Amsterdam

Weiter geht es die nächsten zwei Tage in südöstlicher Richtung über die nicht eben werden wollende Landschaft. Bald dominiert wieder landwirtschaftliche Nutzung, Maisfelder sind abgeerntet und Rinder verwerten dort die trockenen Pflanzenreste. Von Kriel aus fahre ich unter einem dicht bewölkten Himmel bei kühlem Wind, der mir quer in die Speichen greift, die etwa 35 km bis in die Provinzstadt Bethal. Vom Kohlebergbau ist nichts mehr zu sehen, außer den nach wie vor vielen LKW, die einen großen Teil des Verkehrs auf der Straße ausmachen.

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Township am Rand von Ermelo

Kurze Mittagspause an einer Tankstelle mit kleinem Café. Von hier aus könnte ich der Überlandstraße N17 in östlicher Richtung folgen, aber dem deutlich stärkeren Verkehr auf dieser ausgebauten Strecke möchte ich lieber entgehen. Bisher war die Zahl der Fahrzeuge auf der R545 ja noch überschaubar.
Etwas weiter nördlich verläuft aber auch noch eine Nebenstrecke, beinahe parallel zur N17. Bei meiner Planung von zuhause aus hatte ich diesen Weg berücksichtigt, doch bereits kurz hinter der Stadtgrenze geht diese Straße in eine Piste über. Schon wieder! – Aber dafür bin ich fast allein auf der Strecke und tauche in die Weite der landwirtschaftlichen Flächen quasi direkt ein. Bei dem kühlen Wetter fühle ich mich fast nach Brandenburg versetzt, solche Gegenden gibt es dort auch, vielleicht etwas bewaldeter. Ab und zu lässt die Piste aber nach, die feste Oberfläche verliert sich quasi im weichen Sand, gerne kurz vor einer Senke, aus der ich dann erst wieder mühselig hinausschieben darf. Das schlaucht und kostet Zeit und in dem Dörfchen Davel beschließe ich dann doch, zur ausgebauten Überlandstraße zu wechseln und die noch etwa 40 km bis nach Ermelo auf dem glatten Asphalt zu radeln.

imageBei dieser ziemlich geradlinig durch das Land führenden Straße habe ich dann sogar richtig viel Platz auf dem Seitenstreifen. Der Wind scheint im Laufe des Nachmittags immer stärker zu werden und wenn ich den auch immer noch nicht direkt im Rücken habe, so ist diese nie nachlassende Kraft insgesamt doch eine ganz ordentliche Hilfe.
Zum späteren Nachmittag hin wird auch die Wolkendecke dünner und irgendwann liegen die Townships von Ermelo in einem weiten Tal vor mir, ziehen sich einen sanften Hang hinauf, auf dem ein Palast ähnlicher Betonbau thront, in dem die Verwaltung des Landkreises residiert. Seit Johannesburg muss ich hier auch erstmals wieder an einer Ampel halten.

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Ortseingang Ermelo

Kein Ort, an dem ich längere Zeit würde bleiben wollen, aber immerhin kann ich hier am nächsten Morgen mein Problem mit der MTN-Telefonkarte lösen.

Nach dem kühlen Tag mit knapp 100 km Strecke geht es bei sonnigerem Wetter und immer noch stürmischem Wind endlich auf Straßen in Richtung Osten weiter, die nur noch wenig Verkehr haben. Bis zur R65, die direkt nach Amsterdam führt, nehme ich erneut eine Abkürzung von etwa 12 km Länge über eine Piste entlang des östlichen Randes von Ermelo. Diese Strecke wird etwas kürzer ausfallen, als die drei bisherigen Etappen, so habe ich auch keine große Eile.
Die Landschaft wird noch freundlicher, strohgelb leuchten die Hügel, manchmal eingesäumt von dunklen Baumreihen. Das wellige Profil bleibt, die Höhenunterschiede werden allerdings heftiger. Die Straße ist in gutem Zustand, aber schmaler als bisherige Überlandverbindungen und die Anstiege werden länger. Ich arbeite mich bis auf knapp 1800 Meter Meereshöhe, und etwa 25 km vor Amsterdam verschwindet die Landwirtschaft zugunsten von Forstwirtschaft fast völlig. Erst schmalere Streifen entlang der Straße, dann immer großflächiger bedecken Eukalyptuswälder jetzt die Hügel.

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Kurz vor dem weiten Tal, an dessen nordöstlicher Flanke sich das Städtchen Amsterdam an den Gegenhang schmiegt, fällt das Gelände dann auf unter 1500 m ab. Die Luft wird auch deutlich wärmer, am frühen Nachmittag sind es um die 35°.
Es ist schön, endlich auch über längere Abschnitte den Wind nutzen zu können, denn jetzt passt dessen Richtung für längere Zeit genau auf meine Strecke. Die letzten Kilometer läuft es beinah nur noch abwärts. Nach dem ewigen Auf und Ab komme ich richtig schnell vorwärts und freue mich, auch einmal früh am Nachmittag am Tagesziel anzukommen. Gegen 15:00 Uhr erreiche ich das Städtchen, finde die vermutlich einzige Lodge des Ortes problemlos zwei Querstraßen abseits der Hauptkreuzung und bekomme auch schnell ein freies Zimmer. Ein nettes Anwesen mit gepflegtem Garten und einer kleinen Kapelle im Hintergrund.

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Landschaft westl. von Amsterdam

Das hier angegliederte Restaurant erweist sich später als sehr beliebt im Ort und produziert mir lecker gegrilltes Fischfilet mit einer Käse-Shrimp-Sauce und viel grünem Salat mit Tomaten.

 

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Landschaftliche Kontraste

Einerseits landwirtschaftlich geprägt, mit teils großflächigem Maisanbau und trockenen Weideflächen, mit wenigen verstreut liegenden Farmen und in deren weiterer Umgebung kleinsten Siedlungen der schwarzen Angestellten, andererseits aber eines der größten Kohlereviere Südafrikas, so stellt sich mir die Region zwischen Bronkhorstspruit und Ermelo dar, durch die ich in den vergangenen zwei Tagen beinahe diagonal südostwärts geradelt bin.
Das Gelände blieb wellig auf Höhen zwischen 1500 m und 1750 m, mit meist sanften, langgezogenen Anstiegen und ohne großartige Abwechslung. Trotzdem nicht ohne Überraschungen.

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Vom Bronkhorstspruit Dam aus musste ich leider noch einige Kilometer weiter in Richtung Norden, bis fast an die Autobahn nach Pretoria heran fahren, bevor ich auf eine Nebenstraße in Richtung Süden und damit endlich in den Wind abzweigen konnte. Der ließ an den nächsten Tagen überhaupt nicht nach, kam zwar nicht immer direkt aus Norden, aber blies kräftig und war mehr als einmal eine Erleichterung beim Radfahren. Erstmal jedoch nicht, obwohl die Richtung stimmt, denn schon nach zwei Kilometern geht die schöne Nebenstraße in eine Piste über, die sich auch noch einen Hang hinaufzieht und dann ausgerechnet jetzt von Baumaschinen bearbeitet wird. Das hat mir natürlich gefehlt, auch wenn ich nun beinahe unbehelligt durch die Lande radeln kann. Aber erstmal können vor wellig aufgeschobenem Kies und vor lachen, weil die Balance nicht immer zu halten ist.

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Dazu gibt sich die Sonne alle Mühe, die schattenarme Landschaft aufzuheizen und diesig die Fernsicht einzuschränken. So wirkt das neu entstehende Kohlekraftwerk, das nur schemenhaft im Dunst in der Ferne zu sehen ist, beinah gespenstisch. Der Anblick bleibt mir eine Weile erhalten. Viele Kilometer später mündet die Piste bei Arbor auf eine Zubringerstraße zur Autobahn nach Johannesburg und hier kann ich kurzzeitig den Rückenwind sogar genießen. Wie schnell man doch den Frust wieder abschütteln kann. Doch die Freude währt nur kurz, denn ich tauche mitten ins Revier ein, muss an Kohlehalden und Kohle-Verteilanlagen vorbei und mich dann auch noch mit dem zwischen Halden und weiteren Kraftwerken pendelndem Schwerverkehr arrangieren.

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Sattelzüge mit je zwei längeren Loren rattern die schlechte Straße auf und ab, bis nach Ogies, einem Zentrum der Kohleaufarbeitung. Danach wird die Straße zwar wieder besser, aber der Verkehr lässt nicht merklich nach.

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Bis ich nach Kriel komme, setzt die Dämmerung bereits ein und als ich feststellen muss, das meine erste Wahl für ein Nachtquartier dort geschlossen ist und meine erst in Ogies frisch erworbene Telefonkarte nicht funktioniert, wird es schnell auch richtig dunkel. Zweimal frage ich Passanten nach einer Alternative, aber die sind in dieser kleinen Stadt am Rande des Reviers rar. Dennoch finde ich in einer familiär geführten Lodge am Rande von Kriel noch ein Bett und der Sohn des Hauses fährt mit mir dann noch ins Zentrum zum Essen.

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Start in Johannesburg

Nach dem langen Flug mit wenig Schlaf und dem Schlangestehen mit hunderten anderer ebenfalls am frühen Morgen in Johannesburg gelandeter Reisender vor der Passkontrolle, fühlte ich mich doch verhältnismäßig Fit und beinahe voller Tatendrang, als ich mich auf die Suche nach meinem Gepäck machte. Der Beamte wünschte mir noch viel Spaß und drückte mir den Stempel für 90 Tage Aufenthalt in den Pass, nachdem ich ihm erklärt hatte, dass ich mit dem Rad durch sein Land und in Richtung Mosambik reisen wolle. Seine Gedanken konnte ich freilich nicht lesen, aber ein wenig fragend sah sein Blick weiterhin aus.

An der ersten Sperrgepäckausgabe war noch nichts zu sehen, doch die Halle mit den Gepäckbändern im Ankunftsterminal des O.R. Tambo ist weitläufig und an der zweiten Gepäckausgabe lag dann (sehr zur Erleichterung) mein in der Gewebeplane eingewickeltes Fahrrad zwischen verstreuten Kinderwagen und anderen Paketen. Auf den ersten Blick unbeschädigt. Schnell damit auf einen Gepäckwagen und dann das Gepäckband finden, auf dem die restlichen Koffer und Taschen des Flugs aus Frankfurt ihre Kreise drehten. Von den Hinweistafeln war die Zuordnung der Flugnummer zu einer Bandnummer längst verschwunden, dabei hatte das Warten an der Passkontrolle keine Stunde gedauert.
Eine freundliche Angestellte sagte mir „number seven“ und richtig, dort zirkulierte auch meine schwarze Rucksackhülle, in der ich zwei Packtaschen und das Zelt zusammengewickelt und in Berlin aufgegeben hatte. Alles da – Klasse! Ich entschied mich schnell, das Rad am Ende der Halle in der Nähe des Ausgangs, unweit der Zöllner auszupacken und aufzubauen. Draußen im Ankunftsbereich würde vermutlich doch mehr Hektik zu erwarten sein und hier hatte ich Platz, ohne jemandem im Weg zu sein.

Alles da, alles in Ordnung – beinahe Punkt 10:00 Uhr schob ich das Rad dann mitsamt Gepäck durch die Ausgangstür und an den wartenden Taxis vorbei. Wo muss ich denn jetzt hin? Direkt auf die Autobahn wollte ich nicht radeln. So rollte ich erstmal nordwärts am Terminal entlang, unter dem Schatten der zweistöckigen Zufahrtsstraßen hervor und in die Wärme des sonnigen Vormittags. Der Nebenzugang galt hauptsächlich Fußgängern, aber auch mit dem Fahrrad kam ich so problemlos an eine der Zufahrtsstraßen, die an den Autobahnzubringern vorbei und durch Gewerbegebiete vom Flughafen wegführte. Schnell wurde der Verkehr dichter, doch die Straßen bieten mit fast überall vorhandenem Seitenstreifen genügend Raum auch für Radfahrer. So zumindest mein Eindruck, auch wenn ich weiter keine Radfahrer sehe.

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Am Straßenrand kaufe ich Bananen und Kekse und kurz darauf mache ich an einer Tankstelle mit kleinem Rastplatz eine kurze Pause. Gerne hätte ich auch noch richtig gefrühstückt, denn das Bisschen im Flieger liegt schon wieder viele Stunden zurück und ich habe gleich für den ersten Tag eine längere Etappe geplant, will Abstand zu Johannesburg gewinnen. Nach etwa 12 km bin ich bereits draußen auf dem Land, einer welligen Landschaft mit vielen Landwirtschaftlichen Flächen, allesamt abgeerntet, mit Viehweiden und Pferdekoppeln. Der Verkehr bleibt nennenswert, vor allem Schwerverkehr schiebt über die Lande, ich bin auf dem Rad der Exot auf der Straße. Leider folgt die dem Geländeprofil, so dass ich bald schon meine Oberschenkel spüre, wenn es wieder einmal aufwärts geht. Die sind an eine solche Belastung noch nicht gewöhnt, zumal ich mich hier auf einem Höhenniveau von 1600 – 1700 Metern über Meeresspiegel bewege. Gestern nachmittag in Berlin fuhren sich die 20 km bis zum Flughafen viel einfacher.

In einem Supermarkt mit Imbiss kaufe ich Sandwiches und Wasser für unterwegs und mache bald wieder kurze Pause, um etwas zu essen. In dem Dörfchen Petit kaufe ich bei einem Kleinkrauter dann noch eine MTN Prepaid SIM-Karte für 5 Rand, schließlich will ich ja nicht ganz von der Welt ‚abgeschnitten‘ sein. Doch die wird mich in den nächsten Tagen immer wieder mal beschäftigen, da ich den Fehler mache, sie nicht gleich auch bei dem Händler aktivieren zu lassen.

Später, nachdem ich durch das Städtchen Bapsfontein gekommen bin und rund 50 km auf der Uhr stehen, lasse ich mich in der Nachmittagssonne bei einem Tankstellenimbiss nieder, bestelle Chips und Tomatensandwich und esse erstmal bis ich satt bin.

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Der bisher hauptsächlich von der Seite aus Nordwesten wehende Wind hat mir lange Zeit zusätzlich das Radfahren erschwert, doch je näher ich nun Bronkhorstspruit, meinem Tagesziel, komme, desto mehr dreht die Straße auf östliche Richtung und irgendwann habe ich den Wind im Rücken. So bekomme ich zum Ende des Tages doch noch etwas Unterstützung auch an den langgezogenen Anstiegen, jetzt fährt es richtig angenehm. Die letzten Kilometer für heute fordern allerdings noch einmal Alles. Der wie eine natürliche Barriere vor dem Bronkhorstspruit-Stausee liegende Höhenzugs lacht mich beinahe aus, mit seinen steilen zwei Serpentinen, doch dahinter läuft es dann wieder leichter und hinunter bis an das Seeufer. Beinahe zumindest, denn die schönsten Stellen sind hinter weitläufigen Privatgrundstücken nur zu erahnen. Den Campingplatz wecke ich mit meiner Ankunft aus seinem Dornröschenschlaf, denn die Saison liegt noch in weiter Ferne. Doch immerhin bekomme ich nach einer warmen Dusche auch noch etwas zu essen. Mit Vorbestellung zwar und dann von Ferne geliefert, doch ich werde wieder satt von Fish and Chips und Süßkartoffelmus – und einem kühlen Windhoek Draught Bier.

So krabbele ich noch vor 20 Uhr ins Zelt und den Schlafsack und schlafe auch ziemlich augenblicklich ein…