An das gute Frühstück bei einem der einheimischen Restaurants in der Nähe des Nachtmarktes von Siem Reap hätte ich mich durchaus gewöhnen können. Besonders nachdem ich herausgefunden hatte, dass es sich morgens kurz nach Sonnenaufgang noch einigermaßen enspannt entang des Ostufers des kleinen Siem Reap Rivers laufen lässt. Nach einem halbstündigen Jog in der am Morgen noch nicht gar so drückenden Hitze, sind das Omlett und das Müsli mit frischen Früchten ein prima Einstieg in den ansonsten recht heißen Tag. Später bin ich dann noch jeweils mehr als 30 km auf dem Rad unterwegs gewesen, zum Park von Angkor und zurück.
Von Siem Reap aus, in dessen Nordwesten sich einer der beiden internationalen Flughäfen befindet, über die Kambodscha verfügt, fliege ich dann in drei Etappen in etwa 20 Stunden über Bangkok und Frankfurt zurück nach Berlin. Diese eher unkomplizierte Verbindung nimmt der Radreise natürlich ein wenig ihres Mythos von der sauberen Art zu reisen, macht derartiges Reisen aber auch überhaupt erst möglich.
Das Fahrrad geht als Sondergepäck mit auf die Rückreise und da Bangkok Airways höhere Anforderungen an die Packmaße des Fahrrades stellt, als Lufthansa, deren Part erst in Bangkok beginnt, muss ich das Rad diesmal zerlegen und aufwendiger Verpacken als für die Hinreise nach Singapur. In Bangkok hatte ich mir deshalb bereits vor zwei Wochen eine robuste Plane von 2,5 mal 3 Metern besorgt, mit großen Ösen entlang des Saums, die ich mit ihren rund 3 kg Gewicht seitdem auf dem Fahrrad ‚mitschleppe‘. Es gab dort in Bangkok, etwa 4 Kilometer von der Wongwian Yai Station entfernt, eine Werkstatt, die solche Gewebeplanen auf Maß angefertigt hat. Sie zu finden hatte allerdings gut einen halben Tag fragen und weiter fragen gekostet. Entlang der Somdet Phra Chao Tak Sin gibt es nämlich recht viele kleine Werkstätten und Handwerksbetriebe, die sich und ihre Produkte untereinander natürlich kennen. Es ist halt immer auch mehr oder weniger Glück dabei, der richtigen Person die richtige Frage zu stellen.
In Siem Reap, im überdachten Teil des Hofs des kleinen Hotels im Bezirk Dam Nak, brauche ich dann etwas mehr als eine Stunde, um das Rad ‚versandfertig‘ zu machen. Einige Kartonreste hatte ich mir in den letzten Tagen noch besorgt, damit werden einige empfindlichere Kanten und Ecken des Rads abgepolstert. Eine billige Vorderradnabe hatte ich noch in Sa Kaeo bei einem Fahrradhändler gekauft, damit wird die Vordergabel geschützt, denn das vordere Laufrad muss ich ausbauen. Das Rad wird dann in die Plane eingewickelt und mit der Wäscheleine, die ich unter anderem für diesen Zweck etwas stärker gewählt habe, verschnürt – fertig ist das etwa 23 kg schwere Paket. Soviel zeigt nachher die Waage am Check-in Schalter, und da bin ich selbst ganz schön erstaunt. Einmal durchgeschwitzt bin ich bei den nun um die Mittagszeit herrschenden 37°C und warte dann auf das bestellte Tuk Tuk.
Bis zum Flughafen von Siem Reap komme ich nun doch einmal in den Genuss einer Fahrt mit diesem Universalfahrzeugtyp für kleinere Transporte. Der Fahrer ist sich der Überbreite seiner Fuhre durchaus bewusst und ist entsprechend vorsichtig gefahren, was ich erst gar nicht erwartet hatte. So dauert es etwa eine halbe Stunde bis zum Flughafen, die ich tatsächlich trotz der staubigen Luft und der Nachmittagshitze genieße. Ein kleiner Abschied von diesem interessanten Land, das noch so vieles aufzuholen hat.
In Berlin wird am nächsten Morgen mein Gepäck tatsächlich unbeschadet aus dem Flugzeug geladen und mir als Sperrgepäck im Terminal übergeben. Das hat in der Vergangenheit nicht immer so reibungslos funktioniert. Auspacken und aufbauen tue ich das Fahrrad jetzt aber trotzdem nicht, auch wenn hier die Sonne ähnlich lacht, wie sie es zuletzt in Kambodscha getan hat. Ähnlich, denn bei -6°C ziehe ich alle Schichten, die ich im Gepäck habe, übereinander, schiebe mein Gepäck auf einem Wagen nach draußen in die Sonne und habe Glück, dass mir die beiden dick angezogenen Einweiser auch schnell ein Großraumtaxi zuweisen.
Winterliches Berlin – schön, Dich mal wieder zu sehen, aber muss es gleich so kalt sein…?
Alte Steine können faszinieren, besonders wenn sie zu Zeiten bearbeitet und aufgeschichtet wurden, die uns fremd und von heute weit entfernt sind. Wenn dann noch eine leicht mystische Umgebung dazu kommt, dann wirken die hier bei Siem Reap in großer Zahl vorhandenen und in einem sehr weiten Areal verteilten Tempelanlagen gleich doppelt.
Es ist schon ein Unterschied, ob ich die imposante Anlage von Angkor Wat, umgeben von einer quadratisch wie der Tempel selbst angelegten Wasserfläche und eingebettet in einen subtropischen Urwald besichtige, durch eines der Eingangstore der ehemaligen Hauptstadt des Khmer-Reiches spaziere, oder ob ich mir den Kölner Dom inmitten von Köln anschaue. Obwohl der älter und natürlich auch imposant ist.
Im Archäologische Park Angkor sind es eine ganze Reihe von im Mittelalter errichteten Tempeln und die sie umgebenden Anlagen, einige auch älter als der bedeutendste Tempel Angkor Wat, sowie Teile des ehemaligen Königspalastes und der Hauptstadt des Khmer-Reiches. Aber dieser Park fasziniert allein schon aufgrund seiner Dimension. Die gewaltige Fläche, die heute teilweise noch von Dschungel durchwachsen ist, lässt einen dann auch schnell das Hier-und-jetzt vergessen, vor allem bei den abgelegeneren Tempeln wie z.B. dem Ta Nei- oder dem Preah Khan-Tempel, die allerdings auch in höherem Grad verfallen sind. Besonders am Ta Nei-Tempel ist man fast allein mit einem der Parkwächter, während sich am Angkor Wat oder auch am Ta Phrom-Tempel die Besucher gegenseitig auf die Füße treten.
Das übliche Transportmittel im Park ist das Tuk Tuk bzw. Motorrad mit Kutschanhänger, daneben viele Kleinbusse, denn große Reisebusse können aufgrund der teils schmalen Straßen nicht in alle Ecken vordringen. Ideal ist aber eigentlich auch ein Fahrrad und in Siem Reap gibt es viele Tour-Organisatoren, die auch Fahrräder verleihen. Einfache Räder, die Hollandrädern nachempfunden sind, bis hin zu Mountainbikes von recht guter Qualität, aber sie werden von nur einem Bruchteil der Besucher genutzt. Von Siem Reaps Zentrum aus sind es zwar nur etwa 7 km bis zum Park, etwa 8,5 km bis zum Hauptzugang des Angkor Wat, aber wenn man weitere Tempel erkunden will, dann kommen auch bei einer kleinen Runde schnell 25 – 30 km zusammen und man hat dann noch längst nicht viel gesehen.
Wenn man erst noch ein Ticket kaufen muss (was der Regelfall ist), dann kommen noch etwa 5 Kilometer dazu, denn der Ticketverkauf findet an einem recht neuen Besucherzentrum statt, das allerdings unverschämt weit abseits der Zufahrtstraße liegt. An den Parkgrenzen selbst gibt es allerdings kaum einen Ort, der den aktuellen Besucherstrom bewältigen könnte – Tendenz steigend.
Wie am Anfang gesagt: die Steine faszinieren. Ich selbst bin für sowas ja auch immer zu haben und habe bei meinen nun vier Besuchen im Angkor Park jeweils etwa 32 – 38 Kilometer zurückgelegt.
Es sind letztlich drei Etappen, in die ich mir die Strecke Poi Pet – Siem Reap einteile. Dabei ist der erste Teil bis Sisophon eine recht kurze Strecke. Frühstück ist hier mal wieder im Zimmerpreis enthalten, ich bestelle ein Omlette und bekomme einen leicht würzigen Kaffee dazu. Auf der Veranda des Ly Heng Chhay Hotels sitzt es sich im Schatten deren Überdachung auch ganz angenehm, da rund um die hölzerne Einfassung Wasser in dünnen Fäden von oben nach unten rieselt. Der in etwa 15 Metern Abstand vorbeifahrende Verkehr ist zwar nicht das, was man sich zum Frühstück wünscht, ist aber voller Abwechslung. Da sind Mopeds, Lasten-Motorräder, einachsige Zugmaschinen mit langen Hängern, Reisebusse, LKW und natürlich die breiten Stadt-SUVs, allradgetrieben, dunkel verglast, und auch einfache Pkw, die den Verkehr ausmachen, die mal vorbeischleichen, mal mit hoch drehendem Motor vorbei hetzen, und die immer wieder nervend hupen. Ein Verhalten, an das ich mich wohl in nächster Zeit gewöhnen muss. Gegen 10.00 Uhr fahre ich in Richtung Osten los.
Das kleine Postamt, das ich gestern nachmittag noch gefunden hatte ist heute leider geschlossen. Der Beamte wollte zwar dort sein, weil er etwas zu tun hätte, wie er mir gesagt hatte. Doch er ist nicht da. Also werde ich meine schon geschriebene Post erst am Montag los.
Ja, die Stadt boomt. Es wird an vielen Stellen neu gebaut. Häuser sind manchmal sehr schmal und haben hier den Baustahl für einen späteren Weiterbau nicht wie in vielen südeuropäischen Ländern aus den Wänden nach oben heraus überstehen, sondern seitlich aus den Wänden, so dass später einmal angebaut werden kann. Ein fertiges Spitzdach ist auf den zwei, manchmal drei Etagen schon drauf. Aber abseits der Hauptstraße gibt es keinen Asphalt, die nächstgelegenen Parallelstraßen sind betoniert, die meisten nur einfache unebene Piste.
Ich merke schnell, dass die (von mir oft so empfundene) Rücksichtnahme auf am Straßenrand fahrende Zweiräder in Thailand vor der Grenze hängen geblieben sein muss. Hier in Poi Pet wird man eher ignoriert und an den Rand gedrängt und später auf der Strecke achtet kaum jemand auf den schwächeren Verkehr. Will jemand von einer Zufahrt oder Einmündung her auf die Fernstraße, und es sind keine größeren Fahrzeuge in Sicht, so fährt er einfach los, das Zweirad wird dann wohl schon anhalten. Und ganz allgemein wird fleißig von der Hupe Gebrauch gemacht, um anzuzeigen, dass – hoppla – dass da jemand kommt.
Was in Thailand ein breit markierter Randstreifen an der Straße war, für Mopeds und Gespanne vorbehalten, das ist hier eine staubige, manchmal sandige Angelegenheit ohne klare Markierung. Am Randstreifen sammelt sich außerdem der Dreck der Straße, aber immerhin ist überhaupt einer vorhanden.
An einem Kreisverkehr fehlt plötzlich der Asphalt, die Staubwolke sehe ich schon von weitem. Aber es ist nur diese eine Stelle und über die nächsten Kilometer entzerrt sich der Verkehr allmählich und einige Kilometer außerhalb von Poi Pet werden Container auf einer staubigen Fläche umgeschlagen, dahinter läßt dann auch der LKW-Verkehr etwas nach.
Ich fahre nun in östlicher Richtung und habe immer noch etwas Glück mit dem Wind, der im Moment aus hauptsächlich südlicher Richtung kommt und zumindest nicht merklich bremst. Ansonsten ist die Landschaft unspektakulär. Trockene, abgeerntete Reisflächen, oder einfach nur Brachland – flach und weit. Wie auch in Thailand stehen ab und zu Tempel bzw. Klöster mehr oder weniger nah an der Straße. Die Zufahrten dorthin führen auch hier immer durch offene Torbögen, die jedoch schlichter verziert sind, als diejenigen thailändischer Tempel.
An einem der dekorierten Torbögen halte ich an, will ein Foto machen. Sofort kommen Kinder von dem Gelände dahinter herbei gelaufen, machen Faxen und wollen ebenfalls fotografiert werden. „Hello!“, „Helloo!“, wird schrill gerufen.
In Thailand waren die Leute total zurückhaltend, Kinder waren tagsüber bis zum späten Nachmittag in der Schule und haben höchstens mal neugierig gegrüßt. Manchmal haben sie über meine Erscheinung gelacht, aber waren nie aufdringlich.
Hier schreien sie mir weit über die Straße ein „Hello!“ hinterher oder entgegen.
Auf dem Gelände eines anderen ‚Wat‘, wo ich mir die vielen dort stehenden Tierfiguren ansehen will, kommt sofort ein Junge angelaufen und beginnt zu betteln. Ich verstehe ihn zwar nicht, aber er vermittelt mir zumindest diesen Eindruck. Mädchen sind zurückhaltender als Jungs und grüßen freundlich.
Am frühen Nachmittag will ich etwas essen, doch so einfach wie in Thailand ist es hier gar nicht, denn die Auswahl an ambulanten Garküchen oder gar Restaurants ist nicht sehr groß. In dem Dorf Tuek Thla, erst wenige Kilometer vor Sisophon, halte ich dann auch spontan an dem Verkaufsstand einer Frau an, wo ich einige geschlossene Kochtöpfe aufgereiht nebeneinander stehen sehe. Sie hat dort verschiedene Fleischgerichte mit unterschiedlichem Gemüse in mehr oder weniger undurchsichtigen Soßen drin, sowie gegarten Fisch mit Ingwer, Möhren und Kürbis.
Davon esse ich dann, zusammen mit einem Teller klebrigem Reis, und abgesehen von den vielen Gräten des Fischs ist das auch gar nicht mal schlecht.
Kurz vor Sisophon befinden sich als einzige Abwechslung in der Landschaft einige kleinere Erhebungen aus größeren Felsen. Aus größerer Entfernung sieht es wie ein Höhenzug aus, aber es sind einzelne, isolierte Hügel. An einem davon befindet sich ein größeres Kloster und einige hundert Meter weiter befindet sich eine Militärbasis.
In der Stadt gibt es dann mehrere Hotels und wenigstens ein Gästehaus, etwas abseits der Hauptstraße, in dem ich auch ein preiswertes Zimmer finde.
An das Spiel mit den verschiedenen Währungen in Kambodscha muss ich mich noch gewöhnen, obwohl ich in Poi Pet noch gar kein Geld gewechselt hatte, da ich genügend US-Dollar als Reserve für einige Tage eh dabei habe. Aber einige tausend Kambodschanische Riel hatte ich beim Kauf der Briefmarken und Postkarten schon ‚ertauscht‘ und damit nun drei Währungen zu überblicken. Denn Baht werden hier in dieser Region auch akzeptiert.
25.000 Riel will die Vermieterin für das Zimmer ohne Klimaanlage haben, was etwa 5,40 Euro entspricht. Sie nimmt aber auch Thailändische Baht, oder natürlich US-Dollar, was die hauptsächlich hier im Land genutzte Währung ist. Da ich noch genügend Baht habe, gebe ich der Frau einen Tausend-Baht-Schein und bekomme nach Abzug des Zimmerpreises 95.000 KHR Wechselgeld zurück. Damit spare ich mir vorläufig auch die Suche nach einem Geldwechsler. Allerdings ‚rinnen‘ mir die Tausender später auch schnell wieder durch die Finger.
Die Stadt Sisophon ist auch ein Knotenpunkt der Nationalstraße 6 in Richtung Osten, nach Siem Reap und weiter nach Phnom Phen, und der Straße 5 in Richtung Süden, nach Battambang, einer größeren Stadt, die von vielen Touristen gerne wegen ihrer Kolonialarchitektur besucht wird, sowie nach Norden, wo sich in der Region Banteay ein Landschaftsschutzgebiet befindet. So treffe ich am Abend in einem größeren einheimischen Restaurant am Rand der Stadt, das mir eine Französin empfohlen hatte, einige Franzosen und am Morgen, in einem anderen Restaurant gleich neben den beiden Hotels, das am Abend leider geschlossen hatte, einige Leute aus Deutschland, die hier wohl auch übernachtet hatten.
Irgendwo in der Stadt hatte am Abend eine Party stattgefunden. Die Musik war bereits den ganzen Nachmittag über aus nicht näher bestimmbarer Richtung zu hören. Auch als ich noch kurz vor Sonnenuntergang das Kloster / den Tempel an dem Felsenhügel etwa 2 Kilometer vor der Stadt besucht hatte, war von irgendwoher Musik zu hören. Kambodschanische Schlager, schnulzige Musik, die irgendwie spährisch klingt. Auch in anderen Orten lag manchmal Musik in der Luft. In Poi Pet hatte ein Werkstattbetreiber schräg gegenüber meines dortigen Hotels die Straße mit Musik aus seinem Verstärker beschallt.
Aus Sisophon fahre ich am nächsten Tag erst relativ spät weiter ostwärts. Der Wind hilft mir immer noch, so dass ich mir um die Zeit, die ich für die rund 54 Kilometer brauche, keine Gedanken machen muss. Trotzdem strengt mich das Fahren auf dem inzwischen schlechter werdenden Asphalt mehr und mehr an. Nach nicht ganz 30 Kilometern treffe ich einen Schweizer, etwas älter als ich und mit seinem Rad in westlicher Richtung unterwegs. Er ist seit einigen Wochen in Vietnam und Laos unterwegs und will noch Freunde in Thailand treffen, bevor er nach hause zurück fliegt. Die Begegnungen sind seit Bangkok nun etwas rarer geworden.
Kurz darauf mache ich am Rand von Rohal am Imbiss einer jungen Familie eine kurze Pause und trinke eine kühle Cola. Essen tue ich erst später in Kralanh, nachdem ich dort ein Zimmer in einem weiteren, ziemlich einfachen Gästehaus gefunden habe. Dort gibt es immerhin eine Klimaanlage und schon kostet es 12 US$ für die Nacht.
Kralanh ist irgendwie das typische Straßendorf. Abgesehen von Schule und Bezirksverwaltung, zwei Gästehäusern (wovon eines geschlossen zu sein scheint) und zwei Banken gibt es kaum größere Gebäude. Aber Werkstätten, Minigeschäfte und fliegende Händler reihen sich entlang der Straße aneinander, im Bereich einer zentralen Straßenkreuzung auch die üblichen, schlichten Restaurants, wo jeweils ein paar Tische mit Stühlen unter einem Blechvordach stehen, die aber allesamt am frühen Nachmittag, und einige selbst am Abend, keinen Betrieb machen.
Die jungen Frauen, bei denen ich mir aus zwei Fleischtöpfen das Gemüse heraussammeln lasse und dann mit Reis esse, versuchen außerdem ihre gekühlten Getränke und abgepackten Kekse, Reiswaffeln und anderen Knabberkram an haltende Autofahrer zu verkaufen. Dieses Geschäft läuft überraschend gut. Manchmal nimmt auch jemand eine Portion der Gerichte aus den Töpfen mit, abgefüllt in Klarsichttüten, der üblichen Transportweise der ‚Take away‘-Gastronomie auch in Thailand und Malaysia.
In dem Da Gamnan Guesthouse herrscht in der Nacht reger Betrieb, Leute ziehen von Zimmer zu Zimmer, es wird ständig laut geredet oder gelacht. Immer wieder wache ich von dem Lärm auf.
Am nächsten Morgen mache ich mich zuerst auf die Suche nach Frühstück und siehe da, in den vielen kleinen am Tag vorher geschlossenen Restaurants sind die Tische jetzt zum großen Teil besetzt und die Miniküchen in Betrieb.
Reis will ich jetzt am Morgen nicht essen, frage deshalb nach Nudeln und hätte gerne gebratenes Ei dazu (fried egg) und bekomme zu einem Glas leckeren Kaffees eine Schale Nudelsuppe nur aus Reisnudeln und Gemüse, sowie ein Spiegelei – na klappt doch.
Als ich dann auf die letzten etwa 50 Kilometer in Richtung Siem Reap starte, merke ich schnell, dass der Wind wieder etwas gedreht hat. Der kommt jetzt aus südöstlicher Richtung und mir damit wieder fast frontal entgegen.
Ein junges Paar Radreisende aus Tschechien treffe ich kurz nach dem Frühstück. Zum ersten Mal junge Radler, die mit reinrassigen Mountainbikes und extra breiten Reifen auf Asientour sind. Ihr Ausgangspunkt ist Neuseeland und sie wollen in den nächsten neun Monaten direkt bis nach hause fahren. Das ist dann einmal die umgekehrte Variante, fahren doch viele Europäer von zuhause aus eher in Richtung Südostasien.
Wir unterhalten uns nur kurz, ich will sie nicht aufhalten, und wünschen uns gegenseitig viel Glück.
Bis Siem Reap verändert sich die Landschaft dann doch noch ein wenig. Zwar wird weiterhin großflächig Reis angebaut, aber es wird insgesamt grüner. Immer häufiger sind Ackewege abseits der Straße mit Baumreihen gesäumt, Eukalyptus, Teak und andere Hölzer werden von Kokos- und andere Palmenarten aufgelockert. Manchmal stehen die Palmen auch lose dazwischen. Auch private Wohngrundstücke abseits der Straße sind häufiger eng bepflanzt.
In einem der Dörfer, durch die ich komme, befinden sich eine ganze Reihe von Skulpturen-Werkstätten nebeneinander. Vermutlich gibt es irgendwo in der Nähe eine Tongrube oder sonstige Quelle für das Ausgangsmaterial. Die verschiedenen Buddha-Varianten und Tierfiguren im Maßstab 1:1 kann man direkt beim Hersteller kaufen.
Da ich letztlich die Zeit habe, sehe mir ein Kloster etwa 1 km abseits der Straße näher an. Die Zufahrt dorthin ist eng mit Bäumen bepflanzt und schattig, doch die vermeintlich geschotterte Piste entpuppt sich als brüchige, verfallene Betonstraße, deren grobe Reste ungefähr genauso schlecht zu befahren sind, wie Kopfsteinpflaster in Brandenburg. So brauche ich viel länger dorthin als erwartet.
Wann aber sehe ich sonst schon ein solches Ensemble aus Türmchen, Schreinen und Grabstelen – jedes Kloster ist letztlich ein Unikat und wenn ich mich dafür ernsthaft interessieren würde, dann müsste ich viel öfter halten. So mache ich nur ein paar Fotos und arbeite mich über die schlechte Piste zurück zur Straße.
Einige Kilometer vor Siem Reap nimmt dann schon die Bebauung entlang der Straße deutlich zu und an einem großen Stausee nördlich der Straße biege auf eine Piste ab, die etwa drei bis vier Kilometer entlang des Stausees durch Wald führt, um eine erste Tempelruine (Ak Yum) aus der Khmer-Zeit zu bestaunen, sozusagen als Vorgeschmack auf die nächsten Tage in den Ruinen von Angkor.
Kuchen zum Frühstück und trockenes Brot von gestern Abend, dazu leicht säuerlich eingelegte Mango und heißes Wasser für das Kaffeepulver. Manchmal muss das Frühstück eben einfach ausfallen. Als die Sonne kurz nach halbsieben aufgegangen ist, sah sie noch friedlich aus, jetzt wo ich kurz nach halbzehn losfahre, zeigt das Thermometer aber schon wieder 31° C im Schatten, die auch schnell noch weiter steigen.
Aus Sa Kaeo bin ich schnell heraus gefahren und ordne mich auf dem linken Seitenstreifen der Route 33, die auch als Asia Highway 1 ausgeschildert ist, ein. Hier ist nun wieder etwas mehr Lastverkehr auf der Straße unterwegs, überwiegend unbeladene LKW, die mit viel zu hoher Geschwindigkeit über den Asphalt tanzen. Später kommen mir diese oder ähnliche Gespanne auf der anderen Straßenseite wieder entgegen, überbordend mit Zuckerrohr beladen. Die Zuckerraffinerie liegt
Mit leichtem Rückenwind ist es nach wie vor ein recht schnelles Fahren, auf dieser breiten Straße. Auf dem breiten Seitenstreifen mehr oder weniger ungestört, bis auf gelegentlich dort geparkte Fahrzeuge. In Watthana Nakhon mache ich nach etwa 33 km eine längere Pause an einer Tankstelle mit einem Rastplatz, mit klimatisiertem Café und mit weiter, schlicht überdachter Restauranthalle.
Als ich dort vor dem Restaurant vom Fahrrad steige spricht mich gleich ein Thailänder mittleren Alters an. Er hätte mich unterwegs auf der Straße gesehen und fände es ja faszinierend, dass ich in dieser Weltgegend mit dem Fahrrad und all dem Gepäck und mit so verhältnismäßig hoher Geschwindigkeit die Straße entlang fahren würde und wünscht mir viel Glück.
Das Angebot aus den vorhandenen Kochtöpfen ist leider sehr fleischlastig, so esse ich eine Portion Reis mit dem Rest an vorhandenem Gemüse, zwei Eiern und etwas Huhn.
Bis nach Aranyaprathet fahre ich dann noch etwas länger als eine Stunde in der Mittagshitze, gebe beim dortigen Postamt noch eine Karte ab und rolle langsam weiter bis zur Grenze.
Die Einreise nach Kambodscha ist dann viel unproblematischer, als ich es erwartet hatte. Reiseführern muss man eben auch nicht alle Geschichten glauben, bloß weil sie zu einem Buch zusammengefasst und gedruckt sind. Wenn man sich irgendwo offensichtlich falsch anstellt, dann kommt schon jemand, der einem zeigt wo die einschlägigen Schalter zu finden sind, oder wo man sein Fahrrad abstellen sollte.
Eigentlich ganz einfach: Abschiedsstempel aus Thailand bei der dortigen Grenzpolizei holen, dabei wird gleich noch ein Abschiedsfoto gemacht, dann die etwa 300 Meter durchs Niemandsland rollen und bis zur Kambodschanischen Seite der Grenze schonmal die Straßenseite wechseln, denn der Gegenverkehr tut das auch. In Kambodscha gilt Rechtsverkehr.
Die Casinos, an denen ich vorbeikomme sind unübersehbar, der Eingang zum Immigration Office dahinter ist es dann schon, aber ein Beamter zeigt mir auch hier, wo es zu den Schaltern in die Baracke hinein geht. Wenn man drauf achtet, dann steht’s auf einmal auch dran.
Einreisezettel ausfüllen und in die Schlange einreihen, aber es dauert nicht lange. Pass-Hauptseite und das Visum werden gescannt, Fingerabdrücke werden nicht genommen. Drei Stempel setzt der Beamte dann gekonnt zu einem einzigen auf dem Papier zusammen, genauso auf dem Einreisezettel, dessen eine Hälfte mal wieder in den Pass geheftet wird, und schon darf ich mich 30 Tage im Land aufhalten. Ob die allerdings ausreichen würden, um den Kulturschock zu verarbeiten?
An die Grenze jedenfalls schließt nahtlos das Städtchen Poi Pet an, und hier hat der Reiseführer Recht: es ist ein staubiges, boomendes Nest.
Von Bangkok bin ich bereits am Dienstag weiter gereist und inzwischen wieder drei Tagesetappen entfernt. Besonders heute stand der Wind günstig, so dass ich trotz einem leicht welligen Gelände recht schnell vorwärts gekommen bin. Bei den jetzt etwas höher steigenden Temperaturen ist mir das ganz lieb, denn automatisch mache ich auch mehr Pausen und brauche trotzdem nicht länger.
Da ich mein Quartier in der Thailändischen Hauptstadt noch westlich des breiten Flusses Chao Phraya und des eigentlichen Zentrums hatte, musste ich zunächst quer durch die Stadt und dann vom östlichen Rand aus weiter in Richtung Flughafen radeln. Eine ständig dicht befahrene Strecke, auf der ich immer wieder am ewig langen Stau links vorbei fahren konnte, so wie all die vielen Mopedfahrer auch, die sich unerschrocken bis zur nächsten Ampel vorarbeiten, sich dort sammeln, immer weiter vortastend, und dann als ein brummender, röhrender Schwarm bereits zwei Sekunden vor der nächsten Grünphase sich über die noch nicht ganz freie Kreuzung ergießen.
Etwa 17 km Streß, Hektik, Staub und Rußwolken aus manchmal altertümlichen LKWs dauerten so mehr als eine Stunde, bevor ich auf der Ausfallstraße in Richtung Flughafen wieder etwas durchatmen konnte. Viel dünner war der Verkehr dort allerdings auch nicht, dafür aber die Straße etwas breiter.
Volle Aufmerksamkeit erfordern Sammeltaxis, die verhältnismäßig langsam auf der linken Spur fahren, manchmal nicht viel schneller als ich auch, und deren Fahrer mehr auf potentielle Kunden am Straßenrand schauen, als auf mich.
Erst weit hinter dem Flughafen, von dem ich aus der Entfernung nicht viel gesehen habe, wurde der Verkehr dann wirklich dünner. Dort liegen u.a. mehrere Depots von Reisebussen und dutzende dieser Busse, die vermutlich ihre Fahrgäste direkt vom Flughafen abholen, bzw. dort abliefern, fahren hier entweder in diese Depots, staubige Freiflächen hinter hohen Zäunen, oder wenden an einer dafür verbreiterten Wendestelle und fahren in Richtung Flughafen oder Bangkok zurück.
Nach weit mehr als 30 Kilometern für mich dann auch Zeit, endlich eine längere Pause zu machen und etwas zu essen. Allerdings kann man von Restaurantdichte nicht mehr sprechen, ich muss noch ein Stück weiterfahren, bis ich eines finde, und auf dessen überdachter Fläche mit Aussicht über einen kleinen See setze ich mich für etwa eine halbe Stunde in den Schatten.
Keine Gewerbegebiete und Industrie-Ansiedlungen mehr an der Straße, einfach nur Siedlungen und Geschäfte. Z.B. ein Fahrradhändler, bei dem ich mir eine große Luftpumpe nehmen durfte, um meine Reifen mal richtig nachzufüllen. Mit wieder rund 5 bar in den Rädern rollte es sich gleich nochmal so gut.
Doch kurz danach begann der richtig staubige Teil dieses Tages: die Straße wurde für viele Kilometer zu einer Baustelle, die Fahrbahn abgefräst und in der Breite reduziert, rechts und links wurde der Unterbau erweitert, teilweise neu angelegt. Nun war ich für LKWs ein Hindernis, die nur an mir vorbeikamen, wenn gerade kein Gegenverkehr kam. Ich machte mich richtig breit, damit es auch niemand versuchte. Die Fahrer können ja auch nichts dafür, doch wenn so ein breiter LKW erst vor mir fährt und mit seinen großen Rädern im Dreck wühlt, dann muss ich den Staub schlucken.
Zum Glück konnte ich vorzeitig auf eine kleinere Straße ausweichen und wie in einer anderen Welt, viel entspannter in Richtung Chachoengsao weiterfahren.
Auch eine größere Stadt, die ich dann an diesem Tag nach 78 Kilometern erreiche. In der weiten Landschaft, die von vielen Kanälen durchzogen ist, wird auch wieder Reis angebaut.
An den nächsten beiden Tagen hatte ich dann mit den Routen 304 und 359 hauptsächlich Schnellstraßen in meiner Richtung, die ich nur zum Teil umgehen konnte. Dabei ließ es sich auf diesen ziemlich geradlinig verlaufenden Straßen eigentlich ganz gut fahren, da der Wind inzwischen aus westlichen Richtungen kommt und mich hier jeweils gut geschoben hat. Außerdem war das Verkehrsaufkommen auf der Route 359 deutlich geringer als am Tag zuvor auf der 304.
Die Landschaft ist nun allerdings viel öder und trockener geworden, es wird viel Zuckerrohr angebaut und heute am Nachmittag, bevor ich Sa Kaeo erreicht habe, konnte ich über zwei Feldern schwarze Rauchsäulen stehen sehen. Wie in Afrika werden die Felder abgebrannt, um das Zuckerrohr leichter ernten zu können. Die Region ist verhältnismäßig dünn besiedelt, Restaurants oder vergleichbare Mikrobetriebe sind in Dörfern selten geworden, außerhalb davon erst recht. Aber was die Leute haben, bieten sie einem an.
So hatte ich in der Nachmittagshitze großen Appetit auf einen Eiskaffee, -tee oder zumindest eine kühle Cola und bei einem Restaurant, das durch einen schmalen Graben von der Straße getrennt war, angehalten und die Dame des Hauses aus ihrer Nachmittagsruhe vor dem altertümlichen Fernseher, der draußen im Schatten stand und lief, aufgestört und nach Cola gefragt, da Kaffee oder Tee nicht sehr wahrscheinlich waren. Die habe ich auch bekommen und ein Glas voll Eis dazu. Ihren Mann hatte ich im Schatten auf der Bank neben ihrem einfachen Stuhl gar nicht gesehen. Der wurde aber offenbar auch wach und kam nun zu mir und stellte mir noch ein Päckchen Toastbrot dazu, offenbar das einzige was seine Küche im Moment bieten konnte. Das fand ich ja auch nett.
Inzwischen ist das Chinesische Neujahrsfest vorrüber und heute morgen wurden in der Umgegend des Motels, in dem ich übernachtet hatte, viele kleine Feuerwerke abgebrannt. Jeweils ein kleiner Teppich von Knallkörpern die vor sich hin knattern und mit zwei lauten Böllern abschließen. Die Vögel der näheren Umgebung fühlen sich immer arg erschreckt. Gehört hatte ich soetwas morgens schon öfter in Thailand, aber nie so massiv wie heute morgen.
Zwei Tage vorher, kurz bevor ich nach Chachoengsao gekommen bin, hatte jemand vom Hof eines Tempels aus (Wat Bang Prong) Kanonenschläge in die Luft geschossen, die dann in vielleicht 100 bis 150 Metern Höhe als Dreifachböller mit kurzem Abstand explodiert sind.
In Sa Kaeo stehe ich nun kurz vor der Grenze nach Kambodscha und am Abend esse ich nochmal typisch Thailändisch, lasse mir Pad Thai machen und einen leckeren, Spicy Papaya-Salat mit Seafood im Mörser zubereiten (das habe ich nun auch gelernt).
In Samut Songkhram bekomme ich nochmal das Flair einer größeren thailändischen Provinzstadt präsentiert, nach einem langen sonnigen Tag auf dem Rad und einer etwas unfreundlicher werdenden Landschaft. Von den nordwestlichen Stränden des Golfs von Thailand habe ich mich nun verabschiedet. Chao Samran war das letzte Nest, in dem mehrere Strandresorts um Gäste buhlen und wo die First Class-Reisebusse aus Bangkok in Richtung Süden offenbar als erstes Halt machen, um ihre Insassen bei einem großen Strandrestaurant mit Massenabfertigung für etwa eine Dreiviertelstunde zum Essen abzuladen.
Der Bus fuhr dann weiter in Richtung Süden, für mich wurde in nördlicher Richtung die Landschaft karger. Auf großen Flächen wird dort aus einem umfangreichen Grabensystem Wasser vom Meer her verteilt und verdunstet und das zurückgebliebene Salz dann mühsam gewonnen. Auf manchen Flächen steht einfach nur Wasser, auf anderen wird der bereits durch die Verdunstung zurück gebliebene Salzschlamm mit kleinen Walzen gleichmäßig planiert. Kein Baum, kein Schatten, über viele Kilometer.
Die Stadt Samut Songkhram liegt etwas nördlich der Fernverbindung 4, auf der ich zuletzt mangels Alternative einige Kilometer fahren musste. Der Seitenstreifen ist dort zwar breit, aber der ständig vorbeiziehende Verkehr mit seinem permanenten Lärm nervt und belastet doch recht stark. Da ist es beinah schon wieder erholsam, langsam durch die mit schmucklosen, herunter gekommenen Betonbauten gesäumten Straßen zu rollen. Dabei muss ich hier noch aufmerksamer fahren, als am Rand der Fernstraße, denn die vielen Motorräder, Sammeltaxis, Kleintransporter, die immer mal abrupt am Straßenrand halten oder aus einer Einfahrt oder Seitenstraße kommen, sind keine Ausnahme sondern eher die Regel. Mopedfahrer fahren zudem gerne auch in die falsche Richtung.
Die Straßen der Stadt sind hoffnungslos verstopft, als ich am späten Nachmittag dort ankomme, aber über die Wochen habe ich mir angewöhnt, mit dem Fahrrad genauso frech und beharrlich am Stau vorbei zu rollen, wie es die Motorradfahrer tun und dabei nötigenfalls zwischen den stehenden Autos die Spur zu wechseln, um bis zur nächsten Ampel vorwärts zu kommen. Später werde ich von illegal am Straßenrand haltenden Fahrzeugen eh wieder geschnitten oder ‚abgeklemmt‘.
Ich finde mein Hotel in der Nähe eines Sportstadions aber trotzdem recht gut und bekomme dort ein Zimmer in einer der oberen Etagen für auch einmal wieder deutlich unter 1000 Baht. In den Ferienorten lagen die Preise zuletzt doch deutlich höher.
Viel Zeit für eine Stadterkundung bleibt mir wegen der einsetzenden Dämmerung nicht. Rund um das Wat Phet Samut ist bereits ein Nachtmarkt im Gange, die Straßen sind voller Menschen und für den Verkehr nur teilweise gesperrt. So ist das Durchkommen auch zu Fuß gar nicht so einfach, aber höchst spannend. Die Geräuschkulisse ist unbeschreiblich, wo sich in der Dämmerung nun auch noch tausende Vögel auf den Häuserdächern und in den vielen Kabeln, die überall in den Straßen oberirdisch geführt werden, niederlassen.
Zum Abendessen lasse ich mir in einem sehr stark von Einheimischen frequentierten Straßenrestaurant am Rand des Zentrums erst eine, später eine zweite Portion Reisnudeln mit Meeresfrüchten, Gemüse und Ei aus dem Wok zaubern. Da ich wiedermal um eine Version ’not so spicy‘ gebeten habe, verzichtet die Köchin ganz auf scharfe Gewürze, so dass ich ein Schälchen frisches Chili doch noch nachbestellen muss. Das esse ich dann auch leer, denn inzwischen bin ich ja eine gewisse Schärfe gewöhnt, die ich auch gar nicht missen will.
Nachts ist es ja im Moment einigermaßen kühl, die Temperatur fällt auf unter 26° C ab, aber der nächste Morgen bringt wieder viel Sonne und ich habe eine etwa 80 km-Etappe zu fahren. Aus Samut Songkhram hinaus fahre ich zunächst auf der kleineren Route 3092 für nicht ganz 20 km fast schnurgerade mit wenigen Kilometern Abstand parallel zur breit ausgebauten Fernroute 35. Weiterhin sind es Salinen, die beiderseits der Straße Flächen verbrauchen. Nach etwa halber Strecke hört hier jedoch der Asphalt plötzlich auf – die schöne Straße geht in eine Baustelle über. Zum Glück nur für ein kurzes Stück.
Doch die Nebenroute mündet dann in die Fernstraße, kurz bevor diese den Fluss Sunak Hon überquert, und am Randstreifen dieser 2x dreispurigen, einer Autobahn ähnlichen Straße radele ich dann der Hauptstadt Bangkok entgegen. Wenn nicht der Lärm und die Abgase der vielen Fahrzeuge wären, eigentlich auch nicht weiter schlimm. Vom LKW-Verkehr profitiere ich am Rand der breiten Straße insofern, als dass mir die Luftwirbel, die diese Fahrzeuge mit sich mitziehen, ein wenig den Windwiderstand nehmen, so komme ich letztlich viel schneller vorwärts als wenn ich allein die Luft vor mir herschieben würde. Der Lärm un der Staub sind aber auf Dauer sehr unangenehm.
Entlang der breiten Fernstraße befinden sich dann Industrie- und Gewerbegebiete, Autohändler, eine Art von Vergnügungspark, eine Shopping-Mall, aber auch eine großflächige Tempelanlage und nach etwa 40 km mache ich in Samut Sakhon eine längere Pause und esse in einer Seitenstraße mal wieder frisch aus dem Wok. Die Frauen, die solch kleine Garküchen betreiben, lachen immer wieder, wenn ich versuche, durch Zeigen auf ihre teils in Schüsseln liegenden, teils ausgebreiteten Zutaten ein Gericht zusammenzustellen.
Auch Samut Sakhon liegt nicht direkt an dieser Schnellstraße und es führt auch kein direkter Abzweig dorthin. Ich muss mit dem Verkehr eine Ausfahrt nehmen, die zunächst in eine andere Richtung führt und dann an einem größeren Kreisverkehr den richtigen Weg erwischen. Bei Spurwechseln bin ich natürlich vorsichtig, aber fahre bestimmt, dränge mich mit Handzeichen auch zwischen die Fahrzeuge, was nicht so schwierig ist, da man in Kolonne nicht schnell fahren kann. Denn nichts ist schlimmer, als mit dem schwer bepackten Rad irgendwo am linken Rand halten zu müssen, um dann aus dem Stillstand heraus über mehrere Spuren zur anderen Seite zu queren, weil die gewünschte Ausfahrt dort liegt.
An dieser Stelle geht es aus dem Keisverkehr heraus gleich auf die Rampe einer Brücke, die dann die Autobahn quert. Hinter mir fährt ein Polizei-Pickup, auf dessen Ladefläche mehrere Beamte sitzen, von denen später einer, als der Wagen an mir vorbei zieht, meine Gesten beim Manövrieren über die verschiedenen Fahrstreifen hinweg winkend und mit hochgerecktem Daumen honoriert.
Bangkok erreiche ich dann am Nachmittag. Von Singapur her sind es doch etwas mehr als 2600 Kilometer geworden, die ich in den letzten sechs Wochen auf dem Rad zurückgelegt habe. Die Fernstraße 35, entlang welcher ich von Samut Songkhram hauptsächlich weitergefahren bin, wurde dabei zu einer 2x fünfstreifigen Zumutung, wobei der Verkehr aus der Stadt heraus offenbar noch dichter war, als der in meiner Richtung auf Bangkok zu.
Aber ich setze mich etwa 15 km vor dem Zentrum von dieser Straße ab, fahre auf einer der kleineren Vorortstraßen, die ebenfalls gerade aufs Zentrum zulaufen, in Richtung Chom Thong bzw. Thon Buri, wo ich letztlich in einem der kleineren Hotels ein schönes Zimmer für drei Nächte finde. Beine ausstrecken auf einer wunderbar angelegten, gepolsterten Fensterbank.
Ich habe aufgehört sie zu zählen, dafür treffe ich hier in Thailand einfach zu viele andere Radfahrer. Meistens ist nicht mehr als ein kurzes ‚Hallo‘ oder ein sich zuwinken drin, und einige ignorieren mich auch. Vielleicht haben sie ja selbst bereits zu viele Gleichgesinnte getroffen.
Der nördliche Abschnitt der Küste des Golfs von Thailand ist aber auch ein ausgesprochen gutes Revier zum Radfahren, und je weiter ich nun nach Norden komme, desto dichter wird außerdem die Ferien-Infrastruktur. Weiter südlich, zwischen Surat Thani und Chumphon sind die Resorts klein, schlicht und teilweise sogar verwaist, da für die einheimischen Touristen jetzt offenbar keine Saison ist. Dafür habe ich dort ein ländliches, ursprünglicheres Thailand zu Gesicht bekommen, das man im Norden (zumindest entlang der Küste) gar nicht mehr findet. Europäische oder australische Touristen kommen wohl eher selten dorthin, was aber Ausnahmen nicht ausschließt. Unterkünfte sind noch vergleichsweise preiswert, was nicht heißt, dass sie schlicht oder auf niedrigem Niveau sein müssen. Die Qualität ist einfach sehr unterschiedlich.
Um die Stadt Chumphon herum ist das Gelände zudem etwas bergiger, weshalb Radurlauber diese Region wohl eher als die südliche Grenze für einen längeren ‚Ausflug‘ von Bangkok her sehen.
Nördlich von Chumphon aber treffe ich doch einige Radler, die jeweils zwei bis drei Wochen im Land unterwegs sind. Abgesehen von immer mehr Strandurlaubern oder sonstigen Touristen bzw. auch Überwinterern. Es sind nicht wenige Rentner aus allen möglichen Ecken Europas, die hier braungebrannt auf ihren Scootern durch die Straßen tuckern.
Zwischen Chumphon und Prachuap Khiri Khan gibt es sogar einzelne Orte, an denen sich Touristen aus Nordeuropa sozusagen konzentrieren, wobei die Strände nicht unbedingt die schönsten sind, bis auf Ausnahmen, die als Geheimtipp gelten könnten. Bei Ban Krut etwa, wo der ca. 20 Kilometer lange Strandabschnitt nach Süden hin außerdem von einer sehr malerischen Bucht abgeschlossen wird.
Und z.B. bei Huai Yang, das fest in Skandinavischer Hand ist. Dort ist der Strand nach Norden hin durch ein Naturreservat abgegrenzt und im Ort und dessen Umgebung weisen viele Werbetafeln in schwedischer Sprache auf den Verkauf und die bauliche Entwicklung von Grundstücken und Ferienhäusern hin, und die Speisekarte zumindest des Restaurants in dem ich am Abend gegessen habe, ist neben Thai und Englisch auch in Schwedisch abgefasst. Schon witzig.
Der kleine Bahnhof des Dörfchens Huai Yang erinnert wegen der Holzbauweise und seinem roten und gelben Anstrich durchaus auch entfernt an Schweden. Die meisten Bahnhöfe der Linie Surat Thani – Bangkok sind zwar in diesem Stil errichtet, aber hier liegt die Assoziation besonders nah.
Und hier nun, etwa 100 Kilometer nördlich von Prachuap Khiri Khan ist nichts mehr mit Geheimtipps, hier stehen die Hotels und Resorts manchmal nahtlos nebeneinander, Restaurants buhlen um Kundschaft und Läden bieten neben bunten Stoffen für den Strand, Souvenirs, Koffern und Taschen z.B. „The Hugo Boss Collection – Beach Schneiderei“. Morgens wird am Meer gejoggt, Urlauber radeln mit geliehenen City-Bikes die Promenade auf und ab oder liegen den halben Tag in der Sonne. Am Stadtstrand von Cha-Am stehen die Sonnenschirme wie an der italienischen Riviera, oder der bulgarischen Schwarzmeerküste zu hunderten in mehreren Reihen nebeneinander.
Meins ist das nicht, aber die große Nachfrage an Bettenkapazität schafft auch ein recht vielfältiges Angebot und so kann ich hier zwischen wunderbar gestalteten Anlagen mit Pool und viel Security auch preiswerte Zimmer in schönen Hotels bekommen, die auch nicht weiter entfernt vom Meer liegen, ihre beste Zeit aber vielleicht schon hinter sich haben. Sie sind vielleicht etwas angestaubt, dafür nicht so stark ausgebucht und bieten mir trotzdem den Komfort, den ich als Radreisender nach einer langen Etappe suche. So ging es mir zumindest in Pak Nam Pran und auch hier am Rand von Cha-Am, wo ich mal wieder einen Tag pausiere.
Man kann in Thailand offenbar einigermaßen gute Fahrräder mit Gepäckträger preiswert leihen. Gestern traf ich bei einer Seafood-Farm mit angeschlossenem Restaurant, wo ich mittags eine längere Pause gemacht hatte, zwei Radler aus Deutschland, die von Bangkok aus südwärts radeln und so wie Andere auch, die ich einige Tage zuvor getroffen hatte, später mit der Bahn wieder zurück reisen wollen. Die Mountain-Bikes, mit denen sie unterwegs sind, kosten wohl 150 Euro für die drei Wochen, was vergleichsweise preiswert ist. Zumindest verglichen mit den Transportkosten für das eigene Fahrrad, abhängig von der gewählten Airline natürlich, die in der Regel deutlich höher liegen, und abgesehen vom Verpackungsaufwand, den man mit dem eigenen Fahrrad hat. Packtaschen und eigene Sättel haben sie mitgebracht.
Zwar weniger, aber dafür nette und überraschende Begegnungen, an die ich mich auch sehr gerne erinnere, hatte ich zu Beginn dieser Reise in Malaysia. Einmal war da der Versuch des Fahrers eines Kleintransporters, an einem heißen, sonnigen Vormittag mich mit Handzeichen aus seinem Fenster heraus zu stoppen, was ihm erst im zweiten Versuch gelang, da ich ja von Natur aus skeptisch bin, und dann die Überraschung für mich, als er mir eine Dose eines isotonischen Getränks (Plus100) in die Hand drückte.
Ein anderes Mal, wenige Tage später, als ich früh mit wenigen Bananen und Keksen im Bauch losfahre, weil das Hotel (in Batu Pahat) kein Frühstück anbietet, mache ich nach etwa 18 Kilometern eine Pause bei einem Restaurant an der Straße, das mir sympathisch erscheint. Es ist inzwischen sonniger Vormittag und unter der weitläufigen, niedrigen Überdachung etwas abseits der Straße sind einige Tische noch frei.
In der kleinen Glasvitrine gleich neben der Koch- und Grillplatte, auf der jemand Teigfladen bäckt, liegen einige kleine Teig-Quader aufgeschichtet, daneben eine Schüssel mit rohen Eiern und eine mit Salat und Lauchzwiebeln. Davor befinden sich weitere Schüsseln mit verschiedenen, eher dünnflüssigen Soßen. Das sieht nach scharfen Gewürzen aus. In einem großen, gut isolierten Eimer befindet sch Reis.
Eine der beiden Frauen, die hier offenbar gemeinsam mit dem Mann an der Koch-/Grillplatte den Betrieb schmeißen, frage ich nach einem Kaffee, den ich kurz darauf von der zweiten Frau in einem Glas geliefert bekomme. Tiefschwarz mit würzigem Geschmack und leicht gesüßt. Ich frage die Frau, was ich zu essen bekommen kann und deute auf den Teig. – Roti, sagt sie, was ich nicht verstehe, aber ich bedeute ihr, dass ich gerne zwei Stück davon hätte und zwei Spiegeleier dazu. Kurz darauf habe ich zwei knusperdünne Teigfladen auf einem Teller vor mir auf dem Tisch und ein Spiegelei obendrauf. Das Zweite Ei ist wohl im Rauschen untergegangen. Dazu bekomme ich ein Schälchen mit einer bräunlichen, sämigen Soße, in der Chili-Kerne schwimmen und ich habe zunächst Bedenken, davon zu essen. Die Soße stellt sich aber als sehr leckere und milde Erdnusssoße mit Curry-Note heraus, die sogar sehr gut zu den Fladen passt. Kurz: ich bin mit diesem für mich zweiten Frühstück höchst zufrieden und wahrscheinlich merkt man mir dies auch an.
Während ich esse, mache ich mir auch Notizen in meinem Tagebuch, wie eigentlich immer wenn ich eine längere Pause mache, und ich bin mit den beiden Fladen noch nicht ganz fertig, da sagt die freundliche Frau, die mir den Teller mit dem Essen gebracht hatte, etwas von bezahlen. Ja na klar – denke ich, bezahlen muss ich auch, und greife zu meiner Bauchtasche. Nein, nein – bedeutet sie mir, es sei schon bezahlt, der ältere Herr am Nebentisch hätte für mich mitbezahlt.
Uups – geht es mir durch den Kopf, und es fällt mir nicht so recht etwas dazu ein – das verblüfft mich dann doch. Den freundlichen Moslem am Nebentisch, älterer Herr in grau gefärbtem Kaftan und mit weißer Taqiyah auf seinem grauhaarigen Kopf, in Begleitung einer ebenfalls älteren Frau, hatte ich durchaus wahrgenommen und bei meiner Ankunft auch freundlich gegrüßt, ansonsten aber nicht weiter beachtet.
Ich weiß nicht was ich sagen soll, danke ihm jedenfalls, und die Frau nickt mir lächelnd zu, während er sich ebenfalls lächelnd aber schweigend entfernt.
Was ihn zu der Geste bewogen hat, ist mir nicht so recht klar geworden, gefreut hat es mich aber allemal.
Derartige Begegnungen machen natürlich einen Teil der Spannung bei einer solchen Reise aus, die ich nicht missen möchte. Genauso wenig wie die zufälligen Begegnungen mit anderen Fernreisenden oder Weltenbummlern, die wie ich die langsame Fortbewegung mit dem Zweirad in der Fremde lieben.
Da sind die beiden jungen schwedischen Pärchen, die jeweils von Stockholm aus einmal um die Welt, bzw. bis nach Singapur reisen und die ich im Abstand von etwa zwei Wochen getroffen habe, und da sind Kanzo aus Südkorea und seine Frau aus Thailand, die ich am Morgen als ich Melaka in Richtung Norden verließ, plötzlich gemächlich radelnd vor mir hatte und die sich ebenfalls die kurze Zeit genommen haben, sich mit mir über Erfahrungen und Reisepläne auszutauschen. Das war noch mit die schönste Begegnung, die ich in Malaysia hatte. Solch gemütliche und ausgeglichene Menschen trifft man wohl sehr selten.
Bis Myanmar hätten wir theoretisch gemeinsam fahren können, dorthin haben sie ihren Fokus gelegt und den ersten Grenzübergang dorthin habe ich erst vorgestern passiert, doch mein Reisetempo ist für die beiden zu hoch. So rollten wir nur einige Kilometer zusammen mit dem Verkehr entlang der Hauptstraße, da es in diesem Bereich keine Alternative gab, fanden eine Stelle an der wir uns im Schatten und etwas abseits der Straße unterhalten konnten und wünschten uns dann gegenseitig viel Glück für die weitere Strecke. Kanzo hat sein Arbeitsleben bereits an den Nagel gehangen und die beiden machen nicht die erste Tour dieser Art in Asien. Er ist auch der einzige, den ich mit Liegerad reisend getroffen habe.
Dass ich hier Radreisende treffen würde, hatte ich vermutet, eigentlich auch erwartet – dass es insgesamt so viele sein würden, eher nicht. In Afrika waren es in der Vergangenheit doch eher seltene Begegnungen, die ich bei meinen dortigen Reisen hatte. Mal einen Deutschen im Südosten Burkina Fasos, der damals ganz Westafrika bereist hatte, einen Kanadier im Norden Malawis auf Weltumrundung, zwei Franzosen in Zambia – das war’s auch schon. Aber immerhin, mit dem Fahrrad ist man heutzutage eigentlich nirgends auf der Welt mehr alleine.
So ein Tag beginnt schon mal mit kleinen Überraschungen. Einmal werde ich durch einen Stromausfall am Morgen wach. Der Hauptschalter des Bungalows fällt mangels Netzspannung geräuschvoll ab – keine Kühlung und kein fließendes Wasser mehr. Zähneputzen mit Trinkwasser aus dem Wasserkocher vom Vortag (gestern hatte ich Wasser für Kaffee gekocht), rasieren fällt im Moment aus und die eine Klospülung setze ich mit Bedacht ein. Gut wäre es, hier jetzt einen mit Wasser gefüllten Noteimer zu haben, wie sie in manchen Hotels in Malaysia auch tatsächlich im jeweiligen Bad gestanden hatten, aber den gibt es nicht.
Ein anderes Mal beginnt es nach dem Weckerklingeln zu regnen. Erst sacht, doch das Geräusch der auf den Boden vor der Hütte fallenden Wassertropfen schwillt langsam an, wird zu einem Rauschen und steigert sich auf dem Blechdach von einem Prasseln schnell zu einem Tosen.
Vorläufig komme ich hier nicht weg, nicht mal, um die ca. 300 Meter zum Haupthaus der Anlage zu gehen oder zu laufen, in der ich mich hier am Bang Boet Beach für eine Nacht einquartiert hatte. Da ich aber frühstücken will und irgendwann auch weiter fahren (der Regen muss ja auch wieder aufhören), gehe ich nach mehr als einer Stunde Wartens, in der ich immerhin Fotos sortieren und Post erledigen konnte, doch mit Regenschirm und dünner -jacke los. Inzwischen steht aber das Wasser in der Bungalowanlage stellenweise Knöchelhoch auf den eh schon höher liegenden, gefliesten Wegen. Es ist das erste Mal, dass meine ansonsten Wasser abweisenden Schuhe volllaufen. Die kann ich dann später noch ein Weilchen trocknen lassen. An diesem Morgen komme ich erst viel zu spät am Vormittag los. Es ist aber auch der erste Tag, an dem die Temperatur bei 24° C fest stehen bleibt. Dauerbewölkung, Nieselregen, Wind – zum Radfahren eigentlich nicht so schlecht.
Von Chumphon aus fahre ich zunächst nicht allzu weit, nur bis nach Saphli, das ich am Nachmittag noch als Ausgangspunkt für eine kurze Bergwanderung nutzen will, die Aussicht vom Dinsor Mountain ist dann später auch grandios. Es dauert nur erst ein Weilchen, bis ich auch ein Quartier gefunden habe, denn die ersten beiden Hotels/Motels, bei denen ich nach einem Zimmer fragen will, sind verschlossen. Ich finde aber etwas außerhalb des Ortes eine Anlage, in der immerhin schon zwei der recht großen Zahl an Hütten vermietet sind. Hier bekomme ich eine hölzerne Hütte im Thai-Stil für die Nacht.
Am nächsten Tag starte ich dann etwas früher, nachdem ich noch zwei Karten geschrieben habe. Durch den starken Wind vom Meer her habe ich in Nordrichtung auf der Straße ab und zu Rückenwind. Die Steigung bis zum Dinsor Mountain fährt sich doch etwas leichter als erwartet. Bei einem großen Obst-Verkaufsstand an der Straße (viele Ananas und Melonen) kaufe ich frische Bananen. Das Gelände bleibt für etwa 10 km weiterhin hügelig, bis zu einer Einmündung auf die Route 3201 in Richtung Strand. Nun geht es wieder flach weiter und ab hier ist der Seitenstreifen in beiden Richtungen auch als Radweg ausgewiesen. Also, so richtig mit runden, blauen Schildern und Fahrradsymbol auf dem Asphalt. Ist das vielleicht für Touristen gedacht? – Leider ist der so markierte Streifen gleich am Anfang zugeparkt.
Auf den kurzen Straßenabschnitten, die ich direkt in östlicher Richtung fahre, weht mir der Wind kräftig von der See her entgegen, doch ich drehe ja bald wieder in Richtung Norden und habe den Wind dann böig und quer zu meiner Fahrtrichtung und das macht sich zumindest nicht mehr ganz so negativ bemerkbar. Heute habe ich zwei Begegnungen: hinter einer langen Biegung, in der die Straße ihre Richtung um fast 270 Grad dreht und wo außerdem erst vor kurzem neu asphaltiert wurde, befindet sich ein Restaurant an einem schmalen Flusslauf, der ein Stückweit zur Straße parallel verläuft und dem Restaurant so nur wenig Raum lässt. Es ist deswegen langgezogen und schlecht zu überblicken, aber am Holzzaun zur Straße stehen vier Fahrräder mit Packtaschen, die mir sofort ins Auge fallen. Die dazu gehörenden Fahrerinnen und Fahrer sitzen im Schatten des Restaurants und löffeln Nudelsuppe, nette Leute aus Holland und Belgien. Ich bestelle mir einen frischen Ananas-Apfel-Saft und setze mich zu ihnen, wir unterhalten uns ein Weilchen in Deutsch, was mir auch mal ganz gut tut. Sie machen eine Radtour von Bangkok aus nach Chumphon (da war ich vor zwei Tagen) und wollen mit der Bahn wieder zurückfahren.
Das ist eine recht geschickte Idee, wenn man die Hauptwindrichtung betrachtet.
Eine Mittagspause mache ich erst etwas später und dabei die Erfahrung, dass die Köchin sich doch auch bei den Zutaten mal vergreifen kann. Die Portion „Stir fried seafood“ ist laut Karte nicht besonders groß (selten, dass es bei einem der vielen kleinen Straßenrestaurants überhaupt einmal eine Karte gibt), aber diese kleine Portion ist mit Ingwer, Chili und grünem Pfeffer hoffnungslos überwürzt. Ich habe ja Hunger, aber so schlecht wie hier hat es noch nie geschmeckt.
Eigentlich ist es jetzt richtig herrlich, so entlang des Strands zu radeln, tief im Südosten Asiens. Inzwischen bin ich von Singapur mehr als 2000 Kilometer entfernt und habe 10 Breitengrade überquert.
Diese Gegend ist insgesamt nur dünn besiedelt, größere Orte befinden sich meist weiter im Landesinneren entlang der Bahnlinie nach Bangkok, aber selten direkt an der Küste.
Bei einer kurzen Pause im Schatten am Strand rollen zwei weitere Radfahrer mit Packtaschen beladen oben auf der Straße in Gegenrichtung an mir vorbei. Sie nehmen mich nicht wahr, freuen sich offenbar, mit dem Wind recht schnell vorwärts zu kommen.
Es sind nicht nur Kokospalmen, die in dem hier schmalen Streifen zwischen Meer und Straße Schatten geben, immer häufiger lockern Zedern das Bild auf. Im Wind sehen sie allerdings mit ihren eher zottelig gewachsenen Ästen recht zerzaust aus. Ihre langen Nadeln bilden an manchen Stellen einen Teppich entlang des Rands der Straße.
Alle paar Kilometer bilden Karstfelsen und manchmal kleinere Berge mit dem Küstenstreifen vorgelagerten kleinen Inseln einen natürlichen Abschluss eines längeren Strandabschnitts. Der Tidenhub scheint nicht sehr bedeutend zu sein, bei Ebbe ist der flache Strand 20 – 30 Meter breit sein, bei Flut bleibt davon so gut wie nichts übrig. Die Buchten können schon mal 8 – 10 Kilometer lang sein.
Die Durchgangsstraße windet sich dann weiter ins Land, passt sich dem Gelände in vielen Kurven und manchmal langen Umwegen um so einen Berg herum an. An besonders exponierten Lagen befindet sich dann gerne mal eine Buddhistische Tempelanlage. Abwechslung ist also reichlich vorhanden.