Inzwischen ist die Küste des Golfs von Thailand weit weg, das Landschaftsbild hat sich stark gewandelt, nur das heiße Klima ist geblieben. Allerdings war die erste Nacht am Rande eines mittelgebirgsähnlichen Höhenzugs gestern schon etwas kühler als die Nächte am Meer, auch wenn wir nur etwa 240 Meter hoch lagen, rund 50 km nördlich von Chantaburi. Der Aufstieg zum Ende der heutigen Tagesetappe am heißen Nachmittag war ganz schön hart, denn auch wenn die Temperatur nachts jetzt auf 25°C zurückgeht, so sind es nachmittags weiterhin 33°C – 35°C im Schatten – bei fast dauerhaftem Sonnenschein. Die eher sehr lockere Bewölkung ändert daran nicht viel. Kurze Pausen streue ich deshalb immer wieder mal ein, um das Wassertrinken nicht zu vernachlässigen, und an dieser Rampe von 6 – 9 % Steigung konnten wir dies sogar im Schatten eines wandernden Buddha tun.
Die Streckenlängen liegen jetzt zwischen 60 und 100 km und wegen eines Reifenschadens an Maiks Fahrrad hatte ich etwas umgeplant, damit wir in Chantaburi genügend Zeit hatten, um uns von einem Fahrradhändler dort helfen zu lassen. Ein netter junger Mann, der allerdings mehr seine gerade ankommende Lieferung von Neuware im Kopf hatte, als einige Dinge von Maiks Rad, die wir nach der Reparatur erstmal in seinem Laden suchen mussten. Nördlich dieser Provinzstadt erstrecken sich entlang der kleineren Landstraßen viele kleine Siedlungen, die mehr oder weniger ineinander übergehen, gelegentlich sind Kautschuk-Plantagen und auch kleinere Pflanzungen von Ölpalmen zu sehen. Entlang der Küste fiel mir das dortige Bisschen Landwirtschaft kaum in die Augen; Maniok wird dort angebaut, manchmal Ananas. Vielmehr mussten wir westlich von Rayong eine große Chemie- und Öl verarbeitende Anlage durchqueren, die offenbar die Ölversorgung für einen Teil des Landes bewerkstelligt.
Von Phala Beach aus führte die Straße beinahe geradlinig in geringem Abstand parallel zur Küste und auf die Chemie- bzw. Raffinerie-Anlagen zu, die vom dortigen Strand in der Ferne schon zu sehen waren. Der kürzeste Weg, daran vorbei zu kommen, ist derjenige hindurch, und auch wenn es ein Anlagenkomplex auf der Fläche einer Kleinstadt ist, nach nicht mal einer halben Stunde lag dieses Areal wieder hinter uns. In den anschließenden Vororten von Rayong war dieses Bild aber schnell wieder vergessen. Stattdessen dörfliches Flair mit den üblichen Geschäften, Straßenhändlern – einem offenen Friseurgeschäft. Die junge Dame gibt sich geduldig mit dem Schnitt des Jungen auf ihrem Stuhl. Eher zufällig halte ich zum Trinken im Schatten genau gegenüber von ihrem Laden.
Nach Rayong hinein fährt man dann, ähnlich wie schon zwischen Chonburi und Pattaya, durch langsam dichter werdende Gewerbe- und Wohnbebauung. Touristen verirren sich in diese Region kaum, höchstens außerhalb von Rayong, weiter ostwärts dieser etwas größeren Provinzstadt, und natürlich eher in Küstennähe. Rayong selbst liegt einige Kilometer nördlich des Meeres. Es gibt dort einen großen Markt mit teils chaotischem Lieferverkehr, wie in anderen Städten auch. Und das dortige Postamt war einigermaßen schnell zu finden.
Die Strände weiter östlich sind dann schon deutlich einsamer, als sie es in der Gegend von Pattaya und selbst noch in Phala gewesen sind. Trotz des natürlich immer vorhandenen Verkehrs fährt es sich mit dem Rad dort prima, lange nicht mehr so stressend wie an den großen Touristenorten. Entlang des Lan Hin Khao Strandes liegen an einigen Stellen bunte, kleine Fischerboote am Strand und viele kleine improvisierte Restaurants unter Palmen bieten Krabben, Krebse, Meeresschnecken und andere Mollusken. Vorher kann man sie sich in großen Aquarien anschauen. Nichts für mich, aber die Nachfrage scheint groß zu sein.
Von Ban Phe aus, in dessen Nähe wir einen Tag pausiert haben, gehen zudem regelmäßige Fährschiffe zur Insel Ko Samet ab. Dort trifft man u.a. auf Überwinterer aus Europa, oder Rentner, die gleich ihren ganzen Lebensabend in Thailand verbringen, so z.B. ein freundlicher Schweizer, beruflich ehemals Koch, der bereits 7 Jahre mit seiner thailändischen Partnerin im Land lebt, seit 2 Jahren an diesem abgeschiedenen Küstenabschnitt.
In der Bucht von Klaeng, bei Ban Pak Nam Prasae mündet nicht nur ein breiter Fluss ins Meer, an dessen Ufer ein malerisches Fischerdörfchen mit mindestens so vielen Kuttern wie Einwohner liegt, die Gegend ist auch ein weitläufiges Feuchtgebiet, in dem Mangroven wachsen und offenbar über eine große Fläche auch neu angepflanzt werden. In einem Restaurant am Flussufer, wo es leckere Fischsuppe gibt, werden die Geister der Seefahrer mit Lebensmittelspenden wohlgesonnen gestimmt, so wie sonst auch die Geister, die sich ja hierzulande überall aufhalten – eine interessante Facette
Auf einem dem Restaurant nahe gelegenen Klostergelände brennt dann jemand unvermittelt ein Feuerwerk ab, denn das Chinesische Neujahrsfest steht ja kurz bevor. Was für ein Höllenlärm – ab und an hatten wir heute schon derartiges gehört, jedoch immer nur schwer zuordenbar und irgendwo weit weg.
Doch den Küstenbereich verlassen wir dann bald, Chantaburi liegt etwa 10 km landeinwärts in hügeligem Gelände und von dort aus ging es heute nun vorübergehend in die Berge. In Ban Nam Ron setzen wir uns nach der Anstrengung nun kurz in ein Café, das der großen Tankstelle an der dortigen Straßenkreuzung angegliedert ist und trinken Eiskaffee. Der Ort ist nicht groß, aber es gibt immerhin ein ordentliches Motel und dort treffen wir überraschender Weise auf einen weiteren Berliner – mit Fahrrad – nennen wir ihn Günter. Sein früheres Leben als BVG-Busfahrer hat er lange hinter sich gelassen und verbringt nun den Winter in Thailand. Er ist allerdings in umgekehrter Richtung unterwegs und will über Bangkok weiter in Richtung Süden fahren.