Veröffentlicht in Kambodscha

Kambodscha zum Zweiten

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Kambodscha empfängt mich mit viel Staub und schwüler Hitze. Die Stadt Poipet, gleich hinter der Grenze zu Thailand gelegen, ist voller Lärm und Verkehr, staubig, und Dank der vielen Werbetafeln und Straßenhändler, die sich direkt am Straßenrand aufreihen, sehr unübersichtlich. Überall wuselnde Mopeds, die sich teilweise auch in entgegengesetzter Fahrtrichtung ihren Weg bahnen, hupende Autos und LKW, die zwar relativ langsam rollen, aber sich unbeirrbar ihren Weg bahnen.

Die Einreiseformalitäten haben sich viel länger hingezogen, als ich erwartet hatte, allerdings sind wir auch direkt zur Mittagszeit an der Grenze angekommen, was vielleicht ein ungünstiger Zeitpunkt war. Obwohl alle vier Schalter in der kleinen Immigration-Baracke auf kambodschanischer Seite offen waren. Nicht alle diensttuenden Grenzbeamten waren gleich hoch motiviert, so dauerte es etwa eine Dreiviertelstunde, bis der Einreisestempel mit 30 Tagen Aufenthaltserlaubnis endlich in meinen Pass gedrückt wurde.

Es macht bei der Einreise übrigens keinen Unterschied, ob schon ein Visum im Pass klebt, oder ob man erst noch zur Visa-Stelle muss, an der man auf dem Weg durchs Niemandsland eh vorbeirollt. Das Einkleben dieses Visa on arrival geht schnell vonstatten, kostet zur Zeit noch 30 US$, und einen zusätzlichen Einreisezettel muss man so oder so immer ausfüllen und abstempeln lassen. Auch, wenn man mit elektronischem Visum ankommt. Dieses e-Visum bringt keinen Vorteil; man muss es ausgedruckt mitbringen, und es hält alle anderen Wartenden auf, da der Beamte den Barcode dieses Ausdrucks scannen muss, und um dies machen zu können, muss er seinen Schalter verlassen und an einem separaten Arbeitsplatz diesen Ausdruck scannen und ablegen.
In meiner Warteschlange standen einige Spanier vor mir, für die der recht gemütlich agierende Beamte einige Extraminuten angesammelt hatte, allein durch die Bearbeitung der vielen e-Visa.
Ungeduldig werden hilft an solcher Stelle aber gar nicht, und in der Baracke war es immerhin schattig und dank der vielen Ventilatoren auch erträglich.

In Poipet muss ich mich dann erstmal orientieren, obwohl die Straße nur geradeaus führt. Die Fülle der Eindrücke und die Wärme des frühen Nachmittags wirken ermüdend. Etwa 2,5 Kilometer müssen wir bis zu dem von mir favorisierten Hotel in die Stadt hineinfahren. Vor zwei Jahren habe ich dort schon einmal übernachtet und es hat sich nicht verändert. Einzig das angegliederte kleine Restaurant ist nicht mehr in Betrieb, was schade ist, denn auf der kleinen Veranda konnte man abends einigermaßen ungestört vom Straßenverkehr sitzen. Die Zimmer mit Balkon liegen zur von der Hauptstraße abgewandten Seite und in der Nachmittagshitze trocknet die schnell durchgespülte Wäsche auch noch bis zum Abend.
In der näheren Umgebung des Ly Heng Chhay Hotels gibt es dann genügend Restaurants, wie wir später bei einer kurzen Erkundungstour sehen. Aber erst will ich mich mit Geld versorgen und der Zweitwichtigste Schritt heutzutage ist die Beschaffung einer SIM-Karte mit genügend Datenvolumen für die nächsten Wochen. Banken mit phantasievollen Namen und mit ATM gibt es einige und der Geldautomat, den ich wähle, spuckt leider nur US-$ aus, die ich beim nächstgelegenen Geldwechsler in Kambodschanische Riel umtausche, was natürlich nur ein Verlustgeschäft sein kann.
Eine SIM-Karte mit 30 Tagen Gültigkeit und einem Datenvolumen, das ich auch zuhause niemals in einem Monat verbrauchen würde, bekommen wir dann jeder für 9 Dollar. Die junge Dame in dem Laden von SMART Mobile ist sehr kompetent und hilfsbereit beim Einrichten der Karte.

Später am Abend sitzen wir dann in einem Khmer-Restaurant, das offenbar ausschließlich von Einheimischen besucht wird. Es gibt leckeren gegrillten Squid und eine mit Eiswürfeln gekühlte Rohkostplatte, dazu bestellen wir noch gebratenen Reis mit Gemüse und thailändisches Bier. Die Einheimischen halten es genauso.

Kurzzeitig fällt der Strom aus und draußen ist es längst dunkel. Nach kurzer Zeit leuchten einige ‚Glühwürmchen‘ in dem großen, hohen Restaurant auf, die Leute leuchten sich mit ihren Smartphones auf die Tische. Für solche Situationen habe ich meine Stirnlampe dabei, aber die liegt nun im Hotel, in Thailand gab es bisher keinen Bedarf dafür. Die Unterbrechung dauert aber nur wenige Minuten, während der sich der Straßenverkehr draußen allein mit den Fahrzeugscheinwerfern durch Staub und Dunst arbeitet.

Das letzte Quartier in Thailand, am Rande des Dörfchens Khlong Hat, war dagegen nochmal ein sehr schönes Beispiel für einfache aber gepflegte Bungalows, die dort abseits der Durchgangsstraße in eine Art Gärtnereibetrieb integriert sind. Die Managerin machte nicht viel Federlesen, als wir dort am frühen Nachmittag ankamen, und begrüßte uns gleich mit dem Zimmerpreis – „you get a room for 600 Baht“, ohne dass wir auch nur fertig gefragt hätten. Ein sauberer Raum in ruhiger Umgebung. Praktisch, dass die Dame auch kochen kann und am Abend für uns immerhin noch eine Reispfanne mit Gemüse zaubert.

Auch die letzten beiden Tagesstrecken in Thailand hatten Spaß gemacht. Die bergige Landschaft in der südlichen Hälfte der Provinz Sa Kaeo bietet schon eine andere Abwechslung fürs Auge, als es die Küstenregionen können. Bewaldete Berghänge, Karstlandschaften und landwirtschaftliche Flächen, hauptsächlich Zuckerrohr und gelegentlich kleinere Kautschuk-Plantagen. Allerdings gab es auch plötzlich ein neues Problem an Maiks Fahrrad, das am Vortag in Ban Nam Ron, beim dortigen Café an der Tankstelle in einem Fahrradständer umgestürzt war. Wie das passieren konnte hatten wir nicht gesehen, nur dass es auf einmal dalag. Doch nun hat sich über Nacht offenbar eine Speiche gelöst und die ganze Felge ist verzogen. Das sieht zwar schlimmer aus als es ist, aber die Bremse am Vorderrad kann Maik nun nur noch eingeschränkt benutzen. Beim Fahren selbst gibt es keine Probleme.
Etwa 20 km nördlich von Ban Nam Ron waren bunte Zelte und so etwas wie ein Volksfest auf einem Klostergelände abseits der Straße 317 zu sehen und zu hören. Als würde ein Stadionsprecher Ansagen machen, dröhnte eine laute Stimme aus einem Lautsprecher auf dem Gelände. Vielleicht eine Sportveranstaltung? Als wir neugierig die Räder unterhalb der Zelte abstellen, werden wir sofort freundlich angesprochen und zum Essen und Probieren eingeladen. An einigen Tischen werden Obst und Getränke gereicht, frische Ananas und gefärbtes Wassereis an dünnen Holzstielen; irgendwo wird gegrillt. Ein freundlicher Herr versucht mit uns ins Gespräch zu kommen.
Der Grund der sonntäglichen Party ist offenbar der gemeinschaftliche Bau des Klostergebäudes. Das Dach wird gerade gedeckt und mehrere Stapel von Dachsteinen in zwei verschiedenen Farben liegen unter einem der bunten Zelte direkt vor dem Gebäude, das sich selbst noch im Rohbau befindet. Jeder kann sich mit Spenden beteiligen und einzelne Dachsteine mit Widmungen versehen, oder einfach nur signieren. Nach der freundlichen Einladung und der leckeren Ananas spenden wir auch und so kommt es, dass einer der orange gefärbten Steine jetzt meinen Namen trägt.
Wir bleiben nicht lange, denn was wir am Tag zuvor an Strecke gespart haben, müssen wir heute nachholen, bis nach Khlong Hat werden es etwa 75 Kilometer. Uns kommt dabei das wellige Straßenprofil etwas entgegen, denn es führt uns hauptsächlich abwärts und oft läuft das Rad wie von selbst.
In Soi Dao ziehen wir die Mittagspause nach etwa 35 km vor, da das Frühstück in Ban Nam Ron so spartanisch ausgefallen war. Ich habe längst Hunger und weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, auf solch einer Reise zu wenig zu essen. Maik kann ich aber auch schnell überzeugen, außerdem wollen wir hier nochmal nach einem Fahrradwerkstatt Ausschau halten, der die Unwucht in seiner vorderen Felge bearbeiten kann. Das scheitert jedoch daran, dass an einem Sonntag zumindest in der Provinz viele Läden geschlossen bleiben. Auch später kommen wir noch in wunderschöner Landschaft an einer Fahrradwerkstatt vorbei, die der Eigentümer verschlossen und verlassen hat und wo uns auch die Nachbarin nicht helfen kann, ihn zu finden (obwohl er dort zu wohnen scheint).
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Also blieb nichts übrig, als bis heute und bis kurz vor die Grenze zu warten, denn die Stadt Aranya Prathet ist groß genug für mehrere Fahrradhändler und wir haben dort letztlich auch Glück und finden einen gut ausgebildeten und ausgestatteten Zweiradmechaniker, der sich sofort die Zeit nimmt, Maik zu helfen. Anschließend ist die Vorderfelge beinahe wieder wie neu und wir müssen uns keine weiteren Gedanken deswegen machen.

Auf der Strecke von Khlong Hat bis Aranya Prathet, die immer wieder mal recht nah an der Grenze zu Kambodscha verläuft, gibt es dann an beinahe jeder größeren Kreuzung Check-Points von der Polizei, die auch alle besetzt waren, ohne dass wir aber angehalten wurden.

Hier in Kambodscha fallen uns sofort das etwas reserviertere Verhalten der Leute gegenüber uns Fremden und die viel geringere Rücksichtnahme im Straßenverkehr auf. Die Grundsituation ist offenbar auch eine andere, denn schon in den Seitenstraßen ist die Armut offensichtlich, sind Häuser verwahrlost und liegt überall Müll herum, wird direkt an der Straße auf offenem Feuer gekocht und ist die Qualität dieser Nebenstraßen teilweise katastrophal.
Wie sich die Nationalstraße 5 in Richtung Osten entwickelt, werden wir dann morgen sehen, diese Straße führt eigentlich fast schnurgerade bis hinunter nach Phnom Phen. Wegen des Felgenproblems hatte ich beschlossen, keine weiteren Umwege bis Siem Reap zu fahren, wo die Reise für Maik dann geplant endet.
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