Das ist heute der bisher wohl härteste Tag. Keine weite Strecke, aber eine Etappe mit zum Ende hin richtig bergiger Einlage. Dazu bläst mir von Anfang an der Wind immer entgegen, kräftiger als an den Tagen vorher. Ich bin wegen der kurzen Strecke erst spät in Kangar aufgebrochen, habe noch etwas Wasser gekauft und bin über eine Verbindungsstraße aus dem Zentrum heraus zur R5 (später R8) gefahren, die in Richtung Kaki Bukit und zur thailändischen Grenze führt.
Dort, noch in der Stadt, hält mich dann ein junger Mann an, der offenbar kurz vorher mit seinem Auto an mir vorbei gefahren ist, ich hatte nicht darauf geachtet. Er erklärt mir, dass er ebenfalls Rad fahren würde und dass er gerne ein Selfie mit mir machen würde. So werde ich bereits zum zweiten Mal zur Kulisse für (vermutlich) einen Facebook-Auftritt.
Aus Kangar heraus bleibe ich auf der niedergeordneten der beiden Straßen in Richtung Thailändischer Grenze. Sie führt westlich um ein großes Süßwasserreservoir herum und dabei durch nur noch spärlich besiedeltes Gebiet. Die von Kangar aus schon zu sehenden Karstberge , Erstmals sehe ich hier Pflanzungen von Kautschuk-Bäumen. Anders als ich vor einigen Jahren in Malawi Der Übergang den ich nutzen will ist auch nicht rund um die Uhr geöffnet, bis 18.00 Uhr muss ich dort durch sein, aber so lange will ich ja gar nicht brauchen. Die Sonne versteckt sich ab der Mittagszeit hinter Wolken, der Himmel zieht sich vorübergehend zu, doch die Temperatur fällt heute nicht mehr unter 32° C.
In Kaki Bukit will ich dann endlich noch etwas essen. Der Ort wirkt allerdings genauso ausgestorben wie zuletzt die Landschaft, durch die ich gekommen bin, was aber daran liegt, dass sich das Zentrum nicht direkt an dem Abzweig nach Wang Kelian, dem eigentlichen Grenzort zu Thailand befindet, sondern erst etwa 300 Meter dahinter. Hier ist sogar einigermaßen Betrieb in drei chinesischen Food-Stalls, wobei die Auswahl nicht sehr groß ist. Immerhin kann ich nochmal Wok-Nudeln mit etwas Gemüse essen.
Als ich später zu der Straßenecke wieder zurück fahre, um meinen Weg nach Norden fortzusetzen, biegt gerade ein weiterer Radreisender von dort her kommend in die Richtung ab, aus der ich vorhin gekommen bin. Er nimmt mich nicht wahr, auch nicht mein Klingeln und ich folge ihm bis zum nächsten kurzen Anstieg und habe ihn nach etwa 400 Metern eingeholt. Er scheint es aber eilig zu haben, ein junger Mann vielleicht Anfang 30, in einem Funktions-Shirt, das mich an Australien denken lässt, auf einem wunderbar hellblau gemufften Bamboo-Bike. Woher er kommt, sagt er mir nicht, während wir langsam nebeneinander her radeln, er zieht lediglich die Ohrhörer aus den Ohren und fragt, ob ich die ganze Strecke von Berlin hierher gekommen wäre, denn meine Fahne kann er offenbar zuordnen. Ich erfahre noch, dass ich zur Grenze tatsächlich über den Berg fahren müsse, dann fährt er weiter und ich drehe ab, um meinen Weg wieder aufzunehmen.
Ja, der Berg. Auf den Karten kann man zwar den kurzen Abschnitt mit Serpentinen erkennen, aber über die Steigung dabei sagen sie nichts aus. Letztlich ist es auch nicht einmal sehr hoch, der Scheitelpunkt lag bei 313 Metern, aber mit eben doch bis zu 12%igen Anstiegen. Das bekomme ich mit meiner Gesamtlast natürlich nicht so einfach hin, wie erhofft. Alle paar hundert Meter mache ich eine Pause, versuche den Puls wieder herunter zu bekommen, und den Wärmestau beim Anhalten loszuwerden, trinke viel. Die Steigung wird dann nach etwa 2 Kilometern schon wieder deutlich einfacher und gemeinerweise geht es bald auch wieder genau so steil bergab, wie es hoch ging. Die letzten etwa 4 km bis zur Grenze sind dann wieder flach.
Es ist ein wirklich kleiner Übergang, den Ausreisestempel aus Malaysia habe ich schnell im Pass. Dann sind es etwa 100 Meter bis zum Abfertigungshäuschen in Thailand, wo ich mich in eine Warteschlange vor dem Immigration-Schalter einreihe. Ach ja, Einreisezettel ausfüllen. Eine junge Dame schaut zunächst noch mal drüber, zeigt mir drei Felder, die ich übersehen hatte, dann stehe ich wieder in der Schlange, die in der Zwischenzeit schon ein gutes Stück kürzer geworden ist. Der Beamte gibt mir dann einen Stempel für 30 Tage Aufenthalt und befestigt einen Abschnitt des Zettels in meinem Pass, nachdem er mich über meine Reiseroute ausgefragt hat. Als Transportmittel hatte ich ehrlicherweise ja „bicycle“ angegeben.
Auf thailändischer Seite der Grenze ist dann Wochenendmarkt, beiderseits der Straße, die sich bald wieder etwas steiler talwärts zieht, über ca. 500m. Am Ende dieser vielen, bunten nahtlos aneinander gereihten Verkaufsbuden warten dann mehrere Reisebusse, die später tief brummend und mit wummernder Musik, die durch die geöffneten Fenster schallt, an mir vorbeifahren. Ich rolle langsam die abschüssige Straße entlang, denn ich will das kleine Gästehaus nicht übersehen, in dem ich heute übernachten will, das Schild soll unscheinbar sein. Nach etwa 4 – 5 Kilometern sehe ich es aber und bekomme ein hübsches Zimmer in einer Doppelhütte und später auch noch etwas zu essen. Gut, dass ich schon von zuhause her Thailändische Baht mitgebracht habe, an der Grenze hatte ich keine Möglichkeit zum Geldtausch gesehen, geschweige denn einen Geldautomaten.
Willkommen in Thailand!
Hallo Christian,
wir bleiben weiterhin auf Deiner Spur und freuen uns,
nun auch durch Dich Eindrücke von Thailand zu bekommen.
Weiter gute Fahrt!
Anneliese und Günter