Die Fahrradtaschen sind immer schnell gepackt, kurz bevor es los geht. Das Fahrrad braucht etwas länger, aber am Vortag der Abreise habe ich es auch fertig verschnürt, jetzt muss nur das Großraumtaxi pünktlich sein und dann kann es eigentlich losgehen. Wohin? Zunächst fliege ich nach Bangkok und will dann mit dem Fahrrad noch einmal in Richtung Kambodscha und darüber hinaus weiter in Richtung Nordosten reisen. Für die angrenzenden Länder habe ich jeweils Visa beantragt und bekommen, sogar für China, was ein recht aufwändiger Prozess war, da man beim Visa-Center persönlich erscheinen muss, um nicht nur den Antrag sondern auch noch seine Fingerabdrücke abzugeben. Als Individualreisender muss man außerdem jede Übernachtung belegen, und wenn man über Land reisen will, so wie ich es vorhabe, muss man auch noch einigermaßen detailliert seine Pläne darlegen – ohne jedoch das Fahrrad zu erwähnen.
Also ungefähr dort, wo ich vor zwei Jahren meine Reise beendet habe, will ich wieder einsteigen und der Flug von Amsterdam her ist sogar pünktlich in Bangkok. Früher Vormittag, es ist diesig und natürlich sehr warm, eigentlich ein herrlicher Tag, aber an die hochstehende Sonne und die drückende Hitze muss ich mich erst gewöhnen. Im Schatten sind es etwa 32°C, als Maik und ich an einem der vielen Ausgänge des Terminals starten. Maik wird mich etwa für ein Viertel der geplanten Strecke begleiten.
Wir sind aber zunächst auf dem falschen Level. Die hier an den Ausgängen der Ankunftshalle vorbeiführende, überbaute Straße führt als eine Hochstraße direkt auf die Autobahn. Also schieben wir die Räder zurück ins Gebäude und fahren mit dem nächstgelegenen Aufzug in den Keller. Dort kommen wir dann zu ebener Erde vom Terminal weg und können unterhalb der Autobahn bis zum nächsten Kreuzungspunkt mit einer kleineren Fernverkehrsstraße nach rechts und in Richtung Chachoengsao abbiegen. Flughäfen dieser Dimension sind nun mal nicht für Radfahrer konzipiert.
Oh ja, es ist ein heißer Tag. Vom Flughafen weg bis zur Luang Phaeng Road, die uns dann weiter in Richtung Osten bringt, läuft die Straße durch sehr weitläufige, am Flughafengelände angesiedelte Gewerbeflächen und weite Grünflächen, auf denen irgendwann sicherlich auch noch Lager- oder Fabrikhallen stehen werden. Danach wird der Verkehr dichter und hektischer. Die Straße ist teilweise von vielen kleinen Geschäften und Werkstätten gesäumt, Busdepots oder weiteren Gewerbeflächen. Manchmal kreuzt ein breiter Wassergraben den Straßenverlauf, der dann mit längeren aber auch einengenden Brücke überspannt ist; unangenehme Verkehrspunkte.
Von einer dieser Brücken aus sehe ich im Vorbeifahren ein etwas abseits gelegenes Straßenrestaurant, das wir dann ansteuern, um endlich auch etwas zu essen und eine Pause zu machen. Unter dem relativ hohen Schutzdach staut sich allerdings die Wärme des frühen Nachmittags. Eine ältere Thailänderin betreibt die kleine Garküche und kocht uns in ihrem Wok etwas Gemüse mit Fleisch und einem Spiegelei zu dem Reis, den sie eh schon fertig hat.
Hier habe ich nun die Ruhe, mich mit der Telefonkarte zu beschäftigen, die ich am Flughafen noch gekauft hatte. Sie funktioniert in meinem Smartphone auf Anhieb, und damit kann ich Verbindung nach hause halten, sowie gelegentlich auch Texte wie diesen hier hochladen.
Wenige Kilometer weiter kommen wir an einem Fahrradhändler vorbei, dessen offenes Geschäft von der Straße auch gut einzusehen ist. Maik braucht noch einen Flaschenhalter an seinem Fahrrad und der freundliche Mann kann auch prompt ein geeignetes Teil an Maiks Fahrrad montieren. Unser Wasserbedarf ist groß und wenigstens eine Flasche in Griffweite zu haben, macht das Trinken etwas leichter. An meinem Rad habe ich seit jeher drei Halter.
So kommen wir schrittweise unserem Tagesziel immer näher, das ich für den Ankunftstag heute nicht weit vom Flughafen gelegen gewählt hatte. Ein kleines Hüttendorf, weit abseits der Hauptstraße die inzwischen in eine Baustelle übergegangen ist, an einem Seitenarm des parallel zur Straße verlaufenen Kanals gelegen. Ruhig ist es dort leider nicht, da eine Wasserpumpe rund um die Uhr vor sich hin tuckert, aber sauber und preiswert.
Der Wunsch, die fremden, exotischen Orte dieser Welt zu erkunden, ist bei mir schon immer groß und solange mein Umfeld es mir ermöglicht, dem von Zeit zu Zeit nachzugeben – nun ja, ich plane gerne und setze meine Pläne eben noch lieber um.
Der Nachteil einer Weltreise mit dem Fahrrad, die ich aus vielerlei Gründen eben nur in kleinen Etappen machen kann, liegt auf der Hand: zu jeder Etappe muss ich mehr oder weniger aufwändig anreisen und vom jeweiligen Zielpunkt auch irgendwie wieder nach hause zurück kommen. Ich beneide darum jede und jeden, die ich während einer Radreise treffe und die im Gegensatz zu mir mehr oder weniger frei und ungebunden von ihrem jeweiligen Heimatort aus auf die ‚große Fahrt‘ gehen konnten. Ob das nun Leute aus Schweden oder aus Korea sind, die ich in Südostasien getroffen habe, oder junge Leute aus Frankreich die mir in Sambia begegnet sind, oder der einsame Kanadier, mit dem ich einige Kilometer in Malawi geradelt bin und der sich von China aus per Fahrrad auf den Weg in seine Heimat gemacht hatte.
Es sind Individualisten, die für sich jeweils einen Weg gefunden haben, für die lange Dauer ihrer Reise sowohl auf Einkommen verzichten zu können, als auch überhaupt die Zeit dafür erübrigen zu können. Ob dies ideal ist, sei dahingestellt, ich bin jedenfalls ganz zufrieden damit, immer wieder einmal die Möglichkeit zu bekommen, für zumindest einige Wochen ‚auf Fahrt‘ gehen zu können.
Der Preis dafür ist jedoch eine ganze Menge zusätzlichen Stresses in den Wochen und Tagen vor einer geplanten Abreise, da die Vorbereitungen manchmal intensiv werden können und mein Job natürlich normal weiterläuft, bis zum Stichtag – dieses Mal haut mir auch noch die Fluggesellschaft Äste in die Speichen.
Mit einer Flugannullierung, von der ich zufällig beim Prüfen meiner Buchungsdaten vier Tage vor Abreise erfahre, fängt eine Kette von Umbuchungen an, an deren Ende eine etwa 30-stündige spätere Ankunft in Haikou steht. Den eigentlichen Ärger verursacht dabei eine Verspätung des Zubringerflugs nach Frankfurt, wo der eigentliche Flug nach Beijing dann natürlich nicht warten kann. Also strande ich schnell und unerwartet am Frankfurter Flughafen und da für den selben Tag keine sinnvollen Alternativverbindungen zu finden sind, fliege ich erst am nächsten Abend über Shanghai nach Haikou – wegen des Fahrrads will ich unnötiges Umsteigen vermeiden.
Meine Reisepartnerin aus Guangzhou, die ich in Hainan treffen und die für einige Tage mit mir durch Hainan radeln will, wird solange auf mich warten müssen. Dies ist die eigentliche bittere Pille dabei, denn sie kann nicht so ohne Weiteres einen Tag Urlaub dranhängen.
Immerhin kommt mein Fahrrad mit mir wohlbehalten in Haikou an und gleich der Weg vom Flughafen zum ausgewählten Hostel, das nördlich der Altstadt liegt, wird eine lustige Erfahrung mit dem etwas ungeregelten Straßenverkehr in China.
Ich habe aufgehört sie zu zählen, dafür treffe ich hier in Thailand einfach zu viele andere Radfahrer. Meistens ist nicht mehr als ein kurzes ‚Hallo‘ oder ein sich zuwinken drin, und einige ignorieren mich auch. Vielleicht haben sie ja selbst bereits zu viele Gleichgesinnte getroffen.
Der nördliche Abschnitt der Küste des Golfs von Thailand ist aber auch ein ausgesprochen gutes Revier zum Radfahren, und je weiter ich nun nach Norden komme, desto dichter wird außerdem die Ferien-Infrastruktur. Weiter südlich, zwischen Surat Thani und Chumphon sind die Resorts klein, schlicht und teilweise sogar verwaist, da für die einheimischen Touristen jetzt offenbar keine Saison ist. Dafür habe ich dort ein ländliches, ursprünglicheres Thailand zu Gesicht bekommen, das man im Norden (zumindest entlang der Küste) gar nicht mehr findet. Europäische oder australische Touristen kommen wohl eher selten dorthin, was aber Ausnahmen nicht ausschließt. Unterkünfte sind noch vergleichsweise preiswert, was nicht heißt, dass sie schlicht oder auf niedrigem Niveau sein müssen. Die Qualität ist einfach sehr unterschiedlich.
Um die Stadt Chumphon herum ist das Gelände zudem etwas bergiger, weshalb Radurlauber diese Region wohl eher als die südliche Grenze für einen längeren ‚Ausflug‘ von Bangkok her sehen.
Nördlich von Chumphon aber treffe ich doch einige Radler, die jeweils zwei bis drei Wochen im Land unterwegs sind. Abgesehen von immer mehr Strandurlaubern oder sonstigen Touristen bzw. auch Überwinterern. Es sind nicht wenige Rentner aus allen möglichen Ecken Europas, die hier braungebrannt auf ihren Scootern durch die Straßen tuckern.
Zwischen Chumphon und Prachuap Khiri Khan gibt es sogar einzelne Orte, an denen sich Touristen aus Nordeuropa sozusagen konzentrieren, wobei die Strände nicht unbedingt die schönsten sind, bis auf Ausnahmen, die als Geheimtipp gelten könnten. Bei Ban Krut etwa, wo der ca. 20 Kilometer lange Strandabschnitt nach Süden hin außerdem von einer sehr malerischen Bucht abgeschlossen wird.
Und z.B. bei Huai Yang, das fest in Skandinavischer Hand ist. Dort ist der Strand nach Norden hin durch ein Naturreservat abgegrenzt und im Ort und dessen Umgebung weisen viele Werbetafeln in schwedischer Sprache auf den Verkauf und die bauliche Entwicklung von Grundstücken und Ferienhäusern hin, und die Speisekarte zumindest des Restaurants in dem ich am Abend gegessen habe, ist neben Thai und Englisch auch in Schwedisch abgefasst. Schon witzig.
Der kleine Bahnhof des Dörfchens Huai Yang erinnert wegen der Holzbauweise und seinem roten und gelben Anstrich durchaus auch entfernt an Schweden. Die meisten Bahnhöfe der Linie Surat Thani – Bangkok sind zwar in diesem Stil errichtet, aber hier liegt die Assoziation besonders nah.
Und hier nun, etwa 100 Kilometer nördlich von Prachuap Khiri Khan ist nichts mehr mit Geheimtipps, hier stehen die Hotels und Resorts manchmal nahtlos nebeneinander, Restaurants buhlen um Kundschaft und Läden bieten neben bunten Stoffen für den Strand, Souvenirs, Koffern und Taschen z.B. „The Hugo Boss Collection – Beach Schneiderei“. Morgens wird am Meer gejoggt, Urlauber radeln mit geliehenen City-Bikes die Promenade auf und ab oder liegen den halben Tag in der Sonne. Am Stadtstrand von Cha-Am stehen die Sonnenschirme wie an der italienischen Riviera, oder der bulgarischen Schwarzmeerküste zu hunderten in mehreren Reihen nebeneinander.
Meins ist das nicht, aber die große Nachfrage an Bettenkapazität schafft auch ein recht vielfältiges Angebot und so kann ich hier zwischen wunderbar gestalteten Anlagen mit Pool und viel Security auch preiswerte Zimmer in schönen Hotels bekommen, die auch nicht weiter entfernt vom Meer liegen, ihre beste Zeit aber vielleicht schon hinter sich haben. Sie sind vielleicht etwas angestaubt, dafür nicht so stark ausgebucht und bieten mir trotzdem den Komfort, den ich als Radreisender nach einer langen Etappe suche. So ging es mir zumindest in Pak Nam Pran und auch hier am Rand von Cha-Am, wo ich mal wieder einen Tag pausiere.
Man kann in Thailand offenbar einigermaßen gute Fahrräder mit Gepäckträger preiswert leihen. Gestern traf ich bei einer Seafood-Farm mit angeschlossenem Restaurant, wo ich mittags eine längere Pause gemacht hatte, zwei Radler aus Deutschland, die von Bangkok aus südwärts radeln und so wie Andere auch, die ich einige Tage zuvor getroffen hatte, später mit der Bahn wieder zurück reisen wollen. Die Mountain-Bikes, mit denen sie unterwegs sind, kosten wohl 150 Euro für die drei Wochen, was vergleichsweise preiswert ist. Zumindest verglichen mit den Transportkosten für das eigene Fahrrad, abhängig von der gewählten Airline natürlich, die in der Regel deutlich höher liegen, und abgesehen vom Verpackungsaufwand, den man mit dem eigenen Fahrrad hat. Packtaschen und eigene Sättel haben sie mitgebracht.
Zwar weniger, aber dafür nette und überraschende Begegnungen, an die ich mich auch sehr gerne erinnere, hatte ich zu Beginn dieser Reise in Malaysia. Einmal war da der Versuch des Fahrers eines Kleintransporters, an einem heißen, sonnigen Vormittag mich mit Handzeichen aus seinem Fenster heraus zu stoppen, was ihm erst im zweiten Versuch gelang, da ich ja von Natur aus skeptisch bin, und dann die Überraschung für mich, als er mir eine Dose eines isotonischen Getränks (Plus100) in die Hand drückte.
Ein anderes Mal, wenige Tage später, als ich früh mit wenigen Bananen und Keksen im Bauch losfahre, weil das Hotel (in Batu Pahat) kein Frühstück anbietet, mache ich nach etwa 18 Kilometern eine Pause bei einem Restaurant an der Straße, das mir sympathisch erscheint. Es ist inzwischen sonniger Vormittag und unter der weitläufigen, niedrigen Überdachung etwas abseits der Straße sind einige Tische noch frei.
In der kleinen Glasvitrine gleich neben der Koch- und Grillplatte, auf der jemand Teigfladen bäckt, liegen einige kleine Teig-Quader aufgeschichtet, daneben eine Schüssel mit rohen Eiern und eine mit Salat und Lauchzwiebeln. Davor befinden sich weitere Schüsseln mit verschiedenen, eher dünnflüssigen Soßen. Das sieht nach scharfen Gewürzen aus. In einem großen, gut isolierten Eimer befindet sch Reis.
Eine der beiden Frauen, die hier offenbar gemeinsam mit dem Mann an der Koch-/Grillplatte den Betrieb schmeißen, frage ich nach einem Kaffee, den ich kurz darauf von der zweiten Frau in einem Glas geliefert bekomme. Tiefschwarz mit würzigem Geschmack und leicht gesüßt. Ich frage die Frau, was ich zu essen bekommen kann und deute auf den Teig. – Roti, sagt sie, was ich nicht verstehe, aber ich bedeute ihr, dass ich gerne zwei Stück davon hätte und zwei Spiegeleier dazu. Kurz darauf habe ich zwei knusperdünne Teigfladen auf einem Teller vor mir auf dem Tisch und ein Spiegelei obendrauf. Das Zweite Ei ist wohl im Rauschen untergegangen. Dazu bekomme ich ein Schälchen mit einer bräunlichen, sämigen Soße, in der Chili-Kerne schwimmen und ich habe zunächst Bedenken, davon zu essen. Die Soße stellt sich aber als sehr leckere und milde Erdnusssoße mit Curry-Note heraus, die sogar sehr gut zu den Fladen passt. Kurz: ich bin mit diesem für mich zweiten Frühstück höchst zufrieden und wahrscheinlich merkt man mir dies auch an.
Während ich esse, mache ich mir auch Notizen in meinem Tagebuch, wie eigentlich immer wenn ich eine längere Pause mache, und ich bin mit den beiden Fladen noch nicht ganz fertig, da sagt die freundliche Frau, die mir den Teller mit dem Essen gebracht hatte, etwas von bezahlen. Ja na klar – denke ich, bezahlen muss ich auch, und greife zu meiner Bauchtasche. Nein, nein – bedeutet sie mir, es sei schon bezahlt, der ältere Herr am Nebentisch hätte für mich mitbezahlt.
Uups – geht es mir durch den Kopf, und es fällt mir nicht so recht etwas dazu ein – das verblüfft mich dann doch. Den freundlichen Moslem am Nebentisch, älterer Herr in grau gefärbtem Kaftan und mit weißer Taqiyah auf seinem grauhaarigen Kopf, in Begleitung einer ebenfalls älteren Frau, hatte ich durchaus wahrgenommen und bei meiner Ankunft auch freundlich gegrüßt, ansonsten aber nicht weiter beachtet.
Ich weiß nicht was ich sagen soll, danke ihm jedenfalls, und die Frau nickt mir lächelnd zu, während er sich ebenfalls lächelnd aber schweigend entfernt.
Was ihn zu der Geste bewogen hat, ist mir nicht so recht klar geworden, gefreut hat es mich aber allemal.
Derartige Begegnungen machen natürlich einen Teil der Spannung bei einer solchen Reise aus, die ich nicht missen möchte. Genauso wenig wie die zufälligen Begegnungen mit anderen Fernreisenden oder Weltenbummlern, die wie ich die langsame Fortbewegung mit dem Zweirad in der Fremde lieben.
Da sind die beiden jungen schwedischen Pärchen, die jeweils von Stockholm aus einmal um die Welt, bzw. bis nach Singapur reisen und die ich im Abstand von etwa zwei Wochen getroffen habe, und da sind Kanzo aus Südkorea und seine Frau aus Thailand, die ich am Morgen als ich Melaka in Richtung Norden verließ, plötzlich gemächlich radelnd vor mir hatte und die sich ebenfalls die kurze Zeit genommen haben, sich mit mir über Erfahrungen und Reisepläne auszutauschen. Das war noch mit die schönste Begegnung, die ich in Malaysia hatte. Solch gemütliche und ausgeglichene Menschen trifft man wohl sehr selten.
Bis Myanmar hätten wir theoretisch gemeinsam fahren können, dorthin haben sie ihren Fokus gelegt und den ersten Grenzübergang dorthin habe ich erst vorgestern passiert, doch mein Reisetempo ist für die beiden zu hoch. So rollten wir nur einige Kilometer zusammen mit dem Verkehr entlang der Hauptstraße, da es in diesem Bereich keine Alternative gab, fanden eine Stelle an der wir uns im Schatten und etwas abseits der Straße unterhalten konnten und wünschten uns dann gegenseitig viel Glück für die weitere Strecke. Kanzo hat sein Arbeitsleben bereits an den Nagel gehangen und die beiden machen nicht die erste Tour dieser Art in Asien. Er ist auch der einzige, den ich mit Liegerad reisend getroffen habe.
Dass ich hier Radreisende treffen würde, hatte ich vermutet, eigentlich auch erwartet – dass es insgesamt so viele sein würden, eher nicht. In Afrika waren es in der Vergangenheit doch eher seltene Begegnungen, die ich bei meinen dortigen Reisen hatte. Mal einen Deutschen im Südosten Burkina Fasos, der damals ganz Westafrika bereist hatte, einen Kanadier im Norden Malawis auf Weltumrundung, zwei Franzosen in Zambia – das war’s auch schon. Aber immerhin, mit dem Fahrrad ist man heutzutage eigentlich nirgends auf der Welt mehr alleine.
Reisevorbereitungen – als Nicht-Profi habe ich dafür nie genügend Zeit. Etwa zweieinhalb Wochen vor meinem geplanten Abflug nach Singapur steht aber meine Streckenplanung zu bereits rund 80%, die Taschen sind so gut wie gepackt, Impfungen aufgefrischt und ein Visum für Kambodscha befindet sich auch schon in meinem Pass.
Es wird von Singapur aus nordwärts gehen, bis nach Bankok sogar ziemlich direkt in Richtung Norden. Und das mitten in der Saison des (hoffentlich) trockenen Nordost-Monsuns. Der Wind wird mir quasi immer ein wenig entgegen kommen. Danach will ich mich eine Weile in östlicher Richtung bewegen, bis an den breiten, gemächlich fließenden Mekong heran, um dann in Laos an diesem Strom weiter nordwärts entlang zu fahren.
Von dem mich dort erwartenden, tropischen bis subtropischen Klima habe ich bisher nur gelesen. Radreiseerfahrungen mit dem Fahrrad in feucht-schwüler Luft habe ich bisher nicht gemacht. So betrete ich ab Januar mit dieser Reise durch Südostasien mal wieder Neuland, nicht nur aufgrund des unbekannten Klimas und der Frage, wie ich mich damit arrangieren werde.
Vieles wird anders sein, als ich es bisher in Europa und Afrika während Radreisen erlebt habe. Die Länder sind dichter besiedelt, die Vegetation wird üppiger sein, die Sprachen für mich weniger verständlich. Aber ich werde erstmals auch richtig viel Zeit zur Verfügung haben, um mich über eine (zugegebener Maßen) auch sehr lange Distanz durch einen fremden Teil der Erde zu bewegen.
English translation:
I never find enough time to prepare a new journey as a non-professional of travels. But about two and a half weeks ahead to my scheduled departure to Singapore, 80% of the routes that I’ll use are already fixed, the bags are almost stuffed, vaccinations are refreshed and even a visa for Cambodia is alredy attached to my passport
.From Singapore I’ll head northward, as long as to Bankok nearly always directly in the north direction. And this within the season of the (hopefully dry) Northeast Monsun. So I’ll nearly always have the wind in the face. Then I want to move in eastern direction for a while, up to the wide and slowly flowing Mekong River, to follow this river then into Laos and on its eastern banks again northward.
Till now I only could read about the tropic climate of that region. I didn’t get any experiences with such humid hot climate as a traveler by bicycle so far, so from January I’ll enter new territories, and not only because of the unknown climate and the question about how I’ll get familiar with this.
Some things will be different from what I’ve seen and experienced so far, when cycling in Europe and in Africa. The region is more dense populated, vegetation will be greener and much more lucious, but also the spoken languages will be less comprihensible for me. And even it’s a long distance that I want to cover during the next weeks, I can really spend a lot of time for my private little freedom.
Von der Trockenzeit sehr stark gezeichnet und verglichen mit anderen Parks in Botswana oder Südafrika eher ein Klecks auf der Landkarte, so beherbergt der Hlane Royal National Park doch eine ganze Reihe von Arten. Neben den Giraffen, die ich gestern in der Nähe der Durchgangsstraße gesehen hatte, wenigstens auch noch Impalas, Kudus und Wildbeests, die für die ebenfalls vorhandenen zwei größeren Löwenrudel die Hauptnahrungsquelle darstellen, dann noch Warthogs, Elefanten und Flusspferde sowie eine geheime Zahl von Breitmaulnashörnern. Abgesehen von ebenfalls einer ganzen Reihe von Vogelarten.
Etwas davon wollte ich ja gerne sehen, außer den drei reglos im nahe des Camps gelegenen Wasserloch stehenden Hippos. Wie drei abgerundete Felsen inmitten dieses größeren Teichs, ragt jeweils nur ein Teil des Rückens der Tiere aus dem Wasser, und würden sie sich nicht doch ab und zu bewegen, ein Ohrenpaar über die Wasseroberfläche hinaus schieben, oder sich mit der breiten Schnauze einen Schwall Wasser über den Rücken werfen, man würde sie glatt übersehen.
Bei meiner Ankunft gestern hatte ich mich gleich danach erkundigt, ob am nächsten Morgen früh eine Pirschfahrt durch den Park angeboten würde, aber mangels Interesse war keine angesetzt. Lediglich für den selben Nachmittag noch, also quasi gleich, waren wohl schon vier Personen eingeschrieben und ich zögerte nicht lange und ließ mich schnell noch auf die Liste setzen. Um 16:00 Uhr sollte es losgehen, es war bereits 10 nach drei und so musste ich schnell mein Zelt aufbauen und einräumen, denn nach der Rückkehr von dem Ausflug (immerhin 2,5 Stunden) würde es bereits dunkel sein.
Auf das Duschen verzichtete ich und zog nur schnell lange Sachen an, um später, wenn die Sonne hinter den Horizont getaucht war, nicht im Fahrtwind des offenen Geländewagens zu frieren. Diese Erfahrung hatte ich schon einmal gemacht. Dann ließ ich mich gemeinsam mit zwei weiteren Deutschen und zwei Südafrikanern durch den Busch schaukeln.
Der Guide kennt natürlich sein Terrain und weiß wo er sehr wahrscheinlich welche Tiere finden wird, um sie uns Gästen zu präsentieren und dabei möglichst viele schöne Fotopositionen für uns zu arrangieren. Mit den Breitmaulnashörnern hatte er es nicht schwer, drei davon befanden sich gerade in der Nähe des Wasserlochs, vier weitere stöberte er in etwas größerem Abstand dazu auf. Vier Mädchen offenbar, wobei eine ‚den Hut aufhatte‘ und sich damit beschäftige, uns auf Abstand zu halten bzw. wieder loszuwerden. Nicht gereizt, nicht aggressiv, aber bestimmt.
Das war auch schon das Highlight des späten Nachmittags und offenbar auch das größte lebende Kapital des Parks.
Zu dem Wasserloch vor der Terrasse des Restaurants des Camps, kommen die Tiere aber auch von allein, man muss ihnen jetzt zum Ende der Trockenzeit gar nicht hinterher fahren. Es ist nur schwer zu sagen, wann mal wieder eines vorbei schaut. Heute ist ein etwas heißerer Tag, die Sonne beginnt bereits am frühen Vormittag unerträglich zu werden und ich verbringe die Zeit überwiegend faul im Schatten eines der großen, ringsum offenen Rondavels. Ein Pausentag, denn die Beine einfach nur mal auszustrecken, ist auch wichtig.
Später, nach der größten Tageshitze, als ich mir die abgelegeneren Bereiche des Camps näher anschaue, tut sich dann auch am Wasserloch etwas mehr. Erst ist zunächst nur eine Gruppe Impalas in den Sträuchern, die etwas Abseits des Wassers wachsen, auf Nahrungssuche. Dann kommt eines der Rhinozerosse gemächlich ans Wasserloch spaziert, sondiert die Lage und setzt sich nach kurzer Zeit rücklinks in ein Schlammloch am Rand des Wassers und legt sich dann auf eine Seite.
Etwas später kommen noch zwei Elefanten etwas forscher aus dem Hintergrund an die Böschung des Wasserlochs heran gewandert, stürmen beinahe in das Wasserloch hinein, bespritzen sich mit Schlamm und saufen von dem Wasser.
Die Hippos lassen sich von all dem nicht aus ihrer Ruhe bringen, ja würdigen die Anderen nicht einmal eines Blickes.
Selbst lange nach Sonnenuntergang stehen die Drei dann immer noch in der Mitte des Wasserlochs, warten, bis auch die Dämmerung vorrüber ist, die den Himmel nach vielen verschiedenen Orange- und Rotnuancen langsam grau und dunkel werden lässt. So lange bis ich sie als Beobachter nicht mehr vom Grau der Umgebung des Wasserlochs unterscheiden kann. Dann erst stapfen sie schweren Schrittes geräuschvoll aus dem Wasser. Das Glucksen und Klatschen lässt aber schnell wieder nach und von den Tieren ist dann nichts mehr zu hören.
Über dem Horizont genau hinter dem Wasserloch und dem trockenen Busch färbt sich der Himmel dann erneut orangerot. Erst nur an einer Stelle, dann über einen immer breiter werdenden Bereich, und darüber steigt dann schwarzer Rauch in den Himmel, eine erst unscheinbare Rauchsäule, die sich zu einer gewaltigen Wolke auswächst und irgendwann in der Dunkelheit wieder verschwindet. Kein Buschfeuer, sondern gezieltes Abbrennen eines der Zuckerrohrfelder, etwa 10 km weiter nördlich bei Simunye. Das Röhricht erntet sich leichter, wenn alle trockenen Bestandteile schon vorher entfernt wurden, sagt einer der Ranger des Parks. – Hm, überlege ich, toller Umweltschutz – und den Fallout in Form feiner Ascheflocken sieht man dann auch noch am nächsten Tag immer wieder mal zu Boden segeln.
Die Packtaschen sind bereits gefüllt, das Fahrrad vorbereitet, die Ersatzteile noch einmal durchgesehen, die meisten Etappen im GPS-Empfänger abgespeichert – eigentlich kann es wieder losgehen.
Wo geht es eigentlich hin? – Mein Reiseziel ist Blantyre, das wirtschaftliche Zentrum im Süden Malawis. Dort will ich Anfang November ankommen, nach etwa dreitausend Kilometern Radreise durch Südafrika, Swasiland und Mosambik. Am Sonntag starte ich von Berlin aus zunächst per Flugzeug in Richtung Johannesburg.
Zur Vorbereitung einer derartigen Reise ist für mich das Internet nicht mehr wegzudenken. Für die Routenplanung genauso wenig, wie um Informationen und Erfahrungen anderer reiselustiger Menschen zu sammeln. Mit diesen Webseiten will ich unter anderem ja auch selbst ein Stück weit dazu beitragen.
Reiseblogs sind zwar nicht immer gut strukturiert, manchmal mit nicht gerade mit selbsterklärendem Titel (und ich will meinen Blog von dieser Feststellung überhaupt nicht ausnehmen), aber dank der mächtigen Suchmaschinen im Netz sind sie trotzdem meist leicht zu finden. Ich bin ja nicht der Einzige und schon gar nicht der Erste mit einem Blog im Web.
Zweimal bereits habe ich in Afrika andere Radreisende getroffen bzw. auf der Strecke zufällig kennengelernt, die jeweils auf deutlich längeren Reisen unterwegs waren als ich, und wie immer in solchen Situationen war die Zeit für einen ausführlichen Erfahrungsaustausch nicht gegeben. Aber über ihren Reiseblog konnte ich ihnen im Nachhinein jeweils noch ein Weilchen folgen. Das ist aber nicht die Regel, denn die Zeit für die Pflege seines virtuellen Tagebuchs muss man sich ja auch erstmal nehmen.
Schön ist es dann natürlich, wenn man nicht nur für sich selbst schreibt, sondern auch den einen oder anderen sinnreichen Kommentar dazu bekommt.
Eine einigermaßen ausführliche Streckenplanung beschäftigt mich im Vorfeld einer Radreise dann über einige Wochen hinweg, aber ich halte es für unerlässlich, auch wenn es schwierig ist, in allen Punkten zuverlässige Karten zu finden.
Ich nutze neben gedruckten Karten für die Übersicht auch immer einen handlichen GPS-Empfänger mit digitaler Kartendarstellung zur Feinorientierung auf meinem Weg durch eine fremde Region.
Doch auch wenn die Erde inzwischen über mehrere Plattformen vollständig digital abrufbar ist, sind die Luft- oder Satellitenfotos von gerade unbedeutenderen Ländern leider oft veraltet oder einfach ungenau. Manche in den Karten hinterlegte Straße existiert sogar nur in den Schubladen einiger Planer, aber noch lange nicht in der Realität.
Solch eine grobe Ungenauigkeit kommt zwar nur sehr selten vor, kann aber für die Streckenplanung weitreichende Folgen haben, denn mit dem Fahrrad einen größeren Umweg fahren zu müssen, kann einen Zeitverlust von mehreren Tagen bedeuten.
Leider lässt sich dies aber nur mit tatsächlicher Ortskenntnis feststellen.
Dank Openstreetmap.org und raumbezug.eu stehen die eigentlichen Karten für viele Länder der Erde einzeln, oder auch für ganze Kontinente, jeweils kostenlos zum Download zur Verfügung.
Gerade in fremden Großstädten leisten diese digitalen Karten im Zusammenspiel mit z.B. einem Garmin GPSMap62s unschätzbare Dienste.
In Südafrika und Swasiland will ich Straßen benutzen, die auch in Reiseführern beschrieben oder erwähnt sind, oder die andere Radler schon vor mir entlang gefahren sind. Deren Beschreibungen sind natürlich sehr wertvolle Vorabinformationen. Auch in Mosambik sollte es entlang der Abschnitte, die ich auf einer wichtigen Nord-Süd-Verbindung fahren will, keine Überraschungen geben. Lediglich die Qualität der Straßen kann ganz anders sein als erwartet.
Insgesamt habe ich drei Packtaschen am Fahrrad plus einem Packsack für Zelt und Jacke auf dem Gepäckträger. Die aufgerollte Gewebeplane, die mir als Zeltunterlage dienen soll und in der ich das Fahrrad auf Flugreisen verpacke, wird ebenfalls am Vorderrad am dortigen Lowrider befestigt. Mit dieser Aufteilung bin ich bereits unterwegs gewesen und damit komme ich auf ein Trockengewicht für das Gepäck von etwa 24 – 26 kg.