Veröffentlicht in China

Hainans Vielfalt entlang der Ostküste

 

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Die Tage sind sonnig und warm, abends bleibt es bis etwa 19 Uhr hell, morgens kommt die Sonne kurz nach sieben über den Horizont. Schnell ergibt sich ein Tagesrythmus, nach welchem Florence und ich uns gegen 8 Uhr zum Frühstücken treffen, uns zumindest auf die Suche nach einer Straßenküche oder einem kleinen Restaurant machen, und gegen halbzehn sind wir meist auch schon mit den Rädern unterwegs. Mehrmals ist es Nudelsuppe, die wir morgens bekommen, manchmal Porridge oder dampfgegarte Hefeklöße.
Xincun, Shenzhou, Bo’ao und Longlou sind die Stationen auf dem Weg um die Insel herum, zurück in Richtung Haikou. Dabei sind Strandabschnitte, Steilküste, kleinere Berge, Landwirtschaft und Fischzucht, Märkte und Dörfer genauso Bestandteil, wie manch hektische Innenstadt und immer wieder Ausblicke auf Bauinvestitionen, deren tatsächlichen Nutzen ich mir bei dieser großen Zahl an entstehenden Gebäuden nicht erklären kann.
Es wird allerorten Werbung für die (vermutlich zu kaufenden) Apartments gemacht, doch wer kauft die? Jetzt im Moment ist wegen des Chinesischen Neujahrsfestes Hochsaison in Hainan, die Straßen sind in den größeren Städten teilweise verstopft mit großen, neuen Limousinen und Luxus-SUVs aller namhaften europäischen (vor allem deutschen) und japanischen Autokonzerne, aber die jetzt schon verfügbaren Bettenburgen sind gar nicht richtig ausgelastet. Zumindest ist dies mein Eindruck.
Dieser Teil ist zwar für meine Reise nur eine Randerscheinung, lässt sich aber nicht ausblenden und ist natürlich fest mit der Entwicklung Hainans verbunden. Dieser Aspekt sorgt dann auch für einen großen Kontrast.

In Xincun gibt es Frühstück in einer Straßenküche mit wenigen kleinen Tischen auf dem überdachten Fußweg direkt davor. Einer davon ist gerade frei. Es gibt Nudelsuppe mit etwas Lauchgemüse und für mich mit einem direkt in der Suppe gegarten Ei, Florence zieht die Fleischeinlage vor. Da hierzulande mit wenig Salz gekocht wird und in den Restaurants nie ein Salzstreuer vorhanden ist (man würzt eher mit Sojasoße nach), hatte ich mir am Abend zuvor in einem Supermarkt mit großer Haushaltsabteilung einen Salzstreuer gekauft (eigentlich eine kleine Dose für Zahnstocher, da es keine Salzstreuer gibt, und eine Tüte Meersalz, deren restlichen Inhalt ich nach Befüllen der kleinen Dose dem Restaurant geschenkt hatte, in dem wir später gegessen haben). Damit salze ich die Suppe und versuche so meinen im Moment erhöhten Salzbedarf über das Essen etwas auszugleichen.
Am nächsten Morgen in Shenzhou frühstücken wir dann z.B. erst auf dem Weg, da es an der Bikerstation, wo wir in Zelten preiswert übernachten konnten, selbst nichts gibt. Einen Tag weiter in Bo’ao ist es ein kleines mulslimisches Restaurant, in dem wir Nudelsuppe bekommen und wo man den Leuten bei der Nudelherstellung, beim ausziehen des Teiges, draußen vor der Tür zuschauen kann. So ist jeder Morgen anders.

Die am Abend auf dem Hoteldach aufgehangene Wäsche ist über Nacht nicht trocken geworden. Es wird nachts zu kühl und die Luftfeuchtigkeit ist in Küstennähe einfach zu hoch. Florence versucht mit dem Haarfön, ihre Sachen noch zu trocknen, dann fahren wir auch bald aus der sich schnell wieder mit Tagestouristen füllenden kleinen Stadt hinaus und entlang der G223 in Richtung Norden, weg von der Küste, denn dort verläuft lediglich eine Autobahn, die mit Rädern nicht befahren werden darf. Vermutlich auch weil es diese Autobahn gibt, bleibt der Verkehr auf der Landstraße den Tag über recht ruhig.

In Lingshui überqueren wir den Lingshui River und danach führt die Straße nach etwa 25 km Strecke in die Berge. In der weiteren Umgebung sind es Erhebungen bis zu 400 m, die Straße selbst windet sich über wenige Kilometer zweimal mit bis zu 8% Steigung auf nicht ganz 200 m hinauf, bei der Mittagshitze von über 30° C aber ist das eine schlauchende Angelegenheit. Wir sind nicht die einzigen Radler, die sich diese Strecke antun. Am ersten Anstieg sitzen drei Leute mich Mountainbike und leichtem Tagesgepäck im Schatten des Hanges und reparieren eines ihrer Räder, kurz vor der Höhe rolle ich langsam an einer Familie mit zwei Jungs vorbei. Der Vater wartet bereits oben. Ich stelle mich dazu und warte auf Florence, die ihr Rad die letzten Meter nach oben schiebt.
Danach folgt eine langgezogene Abfahrt über mehrere Kilometer, die es leicht macht, die kurze Anstrengung von den beiden Anstiegen zuvor wieder zu vergessen. Wir rollen nun durch den Distrikt Wanning und eine weiterhin wellige Landschaft mit bewaldeten Hängen.
In dem Dorf Nanqiao dann eine Mittagspause, einige hundert Meter weiter wird Feuerwerk gezündet.

Das Chinesische Neujahrsfest liegt zwar schon wieder einige Tage zurück, aber in den Städtchen und Dörfern, durch die wir kommen, wird immer wieder Feuerwerk abgebrannt, manchmal sind die Kracher wie ein dumpfes Grollen in der Ferne zu hören, die Papierfetzen der Böllerketten liegen vor manchem Haus malerisch verstreut herum. Und an vielen Müllsammelstellen türmen sich noch die Reste des Feuerwerks von der Neujahrsnacht. Die Böllerketten können mehrere Meter lang sein, werden aufgerollt in riesigen Verpackungen verkauft und die Leute haben offenbar ihren Spaß daran, solche Ketten entlang der Straße auszulegen und den Vorbeifahrenden die Sicht zu vernebeln (abgesehen von dem krachenden Lärm).

Später kommen wir an die Küste zurück, die teils als Steilküste schöne Ausblicke bietet und weiter in eine küstennahe Ebene mit Landwirtschaft und vor allem einfacher Fischzucht in großen, flachen Becken, die mit motorisch betriebenen Paddeln ständig mit Sauerstoff versorgt werden. Natürlich auch hier vor der Kulisse mit Apartment-Hochhäusern in Strandnähe.
Die Insel Shenzhou ist mit zwei kurzen Brücken an das Festland angebunden und
hier konzentrieren sich am landseitigen Ufer die etwa 18 geschossenen Wohnhäuser, während die Seeseite ein weiter Strandpark und eben der Strand ziert.
Mitten in der Anlage liegt eine Art Zentrum mit Restaurants und einem Supermarkt, wo wir am Abend noch den Wasser- und Obstvorrat auffüllen und am nächsten Morgen bei herrlichem Sonnenwetter frühstücken.

Für die Nacht aber nehmen wir, wie einige der unterwegs getroffenen Radler auch, Quartier bei einer Fahrradstation auf dem Festland, etwas versteckt an der Umgehungsstraße gelegen, wo neben Mehrbettzimmern auch Zelte zur Verfügung stehen. Für den Abend kocht der Chef persönlich für alle und zaubert etwa 14 verschieden zubereitete Leckereien, hauptsächlich Gemüse, auf den runden Tisch.
Wie in China üblich greift jeder mit seinen Stäbchen überall zu und probiert von (fast) jeder Speise – ein fröhliches Durcheinander und die beste Möglichkeit, ein breites Spektrum der chinesischen Küche kennenzulernen.

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